Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Bye, bye, Untersuchungsausschuss"

Claus Pirschner

Politik im weitesten Sinne, Queer/Gender/Diversity, Sport und Sonstiges.

16. 10. 2012 - 16:44

Bye, bye, Untersuchungsausschuss

Was hat der U-Ausschuss gebracht, wo hat er versagt und was können wir aus ihm lernen? Ein Interview mit der ehemaligen Vorsitzenden Gabriela Moser.

Claus Pirschner: 1,6 Millionen Aktenseiten sind durchgearbeitet worden. Sie haben den Vorsitz die meiste Zeit über gehabt in dem Untersuchungsausschuss. Die abschließende Frage ist natürlich, was hat der Untersuchungsausschuss aus Ihrer Sicht gebracht, was hat er verfehlt?

Gabriela Moser

Die Grünen

Gabriela Moser: Dieser Untersuchungsausschuss hat sich in vielerlei Hinsicht rentiert. Erstens war es schon sehr wichtig, dass er überhaupt eingesetzt worden ist, zweitens waren die ersten Tage bereits ein großer Erfolg. Wir konnten die Geldflüsse der Telekom nachweisen. Das sind Gelder, die jede und jeder zahlt, wenn er bei der Telekom Kunde ist. Wir haben gezeigt, dass dieses Kundengeld der Telekom missbräuchlich zur Parteienfinanzierung verwendet worden ist. BZÖ, Gorbach, Reichhold, Honorarnoten Länge mal Breite, Leistung unbekannt.

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Der Ausschuss hat sich auch deshalb rentiert, weil wir auf Druck dieser Aufklärungsarbeit Gesetze beschlossen haben, die in Zukunft verhindern, dass sich das Ganze wiederholt. Wir haben jetzt also eine transparente Regelung bei den Spenden an die Parteien. Das geht jetzt nicht mehr heimlich unter der Decke, die müssen ab einer bestimmten Höhe klar aufgelistet werden. Und wir haben - das ist für mich sehr wichtig - endlich ein Korruptionsstrafrecht, das auch Zähne hat. Das Anfüttern von Abgeordneten ist in Zukunft nicht mehr möglich. Und es ist auch Schluss mit dem Schalten von Inseraten und dem Verschwenden von Steuergeldern, nur damit das Bild der Ministerinnen und Minister möglichst häufig von den Seiten lächelt.

Was hat der U-Ausschuss jetzt nicht geschafft? Das wichtigste ist ja, politische Verantwortung zu klären. Es ist niemand zurückgetreten.

Die Klärung der politischen Verantwortung hat sich ja in vielen Bereichen auf die Vergangenheit bezogen. Dieser Ausschuss hat vor allem die Aufarbeitung von schwarz-blau, der Zeitspanne 2000 bis 2004, zum Thema gehabt. Natürlich über die Inserate auch die Zeit von Verkehrsminister Faymann.

Was nicht gelungen ist, ist die Ost-Geschäfte der Telekom ausführlich zu durchleuchten. Da geht es um 800 Millionen, das ist ja beileibe kein Pappenstiel. Und da gibt es eine sehr starke Verdachtslage in Richtung indirekter oder direkter Parteienfinanzierung. Das hat uns die Regierungskoalition im wahrsten Sinne des Wortes abgedreht. Eine einzige Auskunftsperson, sonst nichts, und die sagte vergleichsweise gar nichts. Und nicht geschafft hat der U-Ausschuss auch noch die endgültige Aufklärung der Einflussnahme auf die Glücksspielgesetzgebung. Das ist ja etwas, was viele Menschen, auch junge, betrifft. Diese ganzen Automaten, Glücksspiel-casinomäßigen Ausstattungen von Kaffeehäusern. Da ist 2006 unter Grasser ein Vorstoß unternommen worden, gewisse Monopole, geschützte Bereiche, aufzubrechen, Konkurrenten ins Spiel zu bringen, den Zugang etwas zu lockern. In letzter Minute - das war spannend für mich - hat es dann der Vertreter der Glücksspiellotterien geschafft, die Regierungsparteien von diesem Vorhaben abzubringen, sprich vor allem die ÖVP. Er war auf dem Weg zum Flughafen und hat seinem Chauffeur gesagt: "Auf der Stelle umdrehen". Es wurde auch umgedreht und auch das Gesetz wurde umgedreht (...).

Gibt es von Ihrer Seite noch ein letztes Resümee aus diesem halben Jahr, das bei Ihnen ja eigentlich fast ein Jahrzehnt Vorbereitungsarbeit mit sich gebracht hat? Was ist ihr persönliches Resümee aus einem Jahrzehnt Arbeit im Nationalrat gegen diese Korruptionsvorwürfe und jetzt dann der Vorsitz, den Sie zurückgeben mussten?

Ich bin sehr froh und glücklich, dass sich diese Arbeit ausgezahlt hat. Und ich glaube, wenn man konsequent - als einfache Staatsbürgerin einerseits, als einfache Abgeordnete andererseits - den Mächtigen auf die Finger schaut, dann hat man auch Erfolg. Und das sehe ich auch als Motivation, dass sich viele Menschen nicht zurückziehen ins Eck der Politikverdrossenheit, sondern dass das zu Ergebnissen und Reformen führt. Ich möchte das als Beispiel vielen Menschen vorlegen, am öffentlichen Leben Anteil zu nehmen, an einer politischen Auseinandersetzung, in Diskurs treten mit den Machthabenden und so die Demokratie lebendig werden zu lassen.

Weil: Worunter wir jetzt leiden ist sicherlich diese Abwendung von der Politik. Wir brauchen aber dringend Engagement, sonst werden diese Felder gerade korruptionsanfälligen Mächten überlassen und das ist ja wohl das letzte, was wir wollen.

Das ganze Interview

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