Erstellt am: 19. 8. 2012 - 10:16 Uhr
Von Erdbeben und Abendessen
Pause.
Eine lange Pause.
Für mich, zumindest.
Auch wenn es niemandem aufgefallen sein mag.
Deshalb gibt es in dieser Sendung ein bisschen was aufzuarbeiten. Wie zum Beispiel das wundervolle, große Album von The More Or The Less. Aber auch brandaktuelle Musik wird zu hören sein, nächmlich von Cid Rim, der sein Debüt gleich mal in Engalnd veröffentlicht. Aber auch ihr seid gut vertreten, mit euren Produktionen der letzten Wochen, die ich aus dem FM4 Soundpark gefischt habe.
Oh, Santiago!
FM4 Soundpark (01-06)
mit Andreas Gtettner
Was für ein Beginn, welch eine perfekte Eröffnung für ein Album, das eine lebensbedrohliche Erfahrung verarbeitet. Auf kurzes Gitarrenfeedback folgt der erste große Donnerschlag von "Oh, Santiago", dem ersten Stück der neuen The More Or The Less Platte. Gleich anschließend gibt Sänger und Mastermind Tobias Pötzlsberger mutig und ehrlich zu Protokoll: "now i hereby declare it / my empire is down / and i have to admit that / i am fearful and frightened".

Herbet Winkler
Noch immer steckt dem Salzburger Musiker das weltschwerste Erdbeben in den Knochen, das früchterliche Grollen, das ihn und seine Freunde 2010 in einem Hotel in Santiago De Chile aus dem Schlaf riss. Noch immer flimmern die Bilder der zusammenstürzenden Zimmermauer im Kopf, die plötzlich den Blick über das nächtliche Santiago frei gab. Noch immer sieht sich Tobias im Türrahmen seines Hotelzimmers stehen, in Gedanken abwechselnd "jetzt ist alles aus" und "bleib ruhig!" wie ein Mantra in Endlosschleife vorsich hin sagend.

The More Or The Less
Jetzt, zwei Jahre später ist dem netten und quirrligen Tobias Pötzlsberger nicht nur die Phrase "Keep Calm" geblieben, sie betitelt auch sein zweites Album, das im Wesentlichen seine dunkle Stunden verarbeitet. Mehr denn je klingen The More The Less wie eine eingespielte, sich ohne viel Worte verständigende Band. Ein Gespann, das den ausgezeichnet geschriebenen und gut arrangierten Songs die nötige emotionale Tiefe verleiht.
Im Gegensatz zum Debüt "We, the people", ist "Keep Calm" abwechslungsreicher, rockiger, bombastischer und doch tranzparent und detailverliebt. Zum fiktiven Gespräch mit dem Totengräber ertönen am Schluss bei "Mr. Undertacker" die Fanfaren, im verzückenden "Show Me Where Your Heard Is" wird engelsgleich ein Liebes-Refrain heraufbeschworen, der zu Tränen rühren kann. "When We Happen To Collide" nimmt einen sofort mit in den zeitlosen Pop-Olymp und am Ende, wenn bei The More Or The Less "The Best (That You Can Do Now)" heraufbeschworen wird, löst der herrlich verzerrte Klimax ein Hochegfühl aus, das man sich beim erneuten Durchlauf der Platte gleich wieder holen möchte.
Zu Recht wird dieses Album bald auch in Deutschland veröffentlicht, zu Recht wird es eine größere Tour mit Freund und Kollegen Effi 2013 geben, zu Recht ist heute Nacht Tobias Pötzlsberger im FM4 Soundparkstudio, um über diese großartige Platte zu sprechen.
Oh, London!
010 ereignete sich auch für den österreichischen Schlagzeuger und Produzenten Clemens Bacher alias Cid Rim ein unvergessliches Ereigniss. Jedoch nicht in lebensbedrohlicher, sondern karrierefördernder Art. Denn als Clemens mit Dorian Concept für ein paar Gigs nach London reiste, hatte er die gelegenheit Leute vom legendären Luckyme Label kennenzulernen. Ein Abendessen mit Hudson Mohawke, das kann schon was.

Cid Rim
Das Ergebnis: Cid Rim veröffentlicht seine erste Platte auf Luckyme, das trotz kleiner Personalaufwartung einen großen impact in der Elektronikszene hat. Dass die vertrakten, groovigen, funkigen und sehr eigenen Beats von Clemens Bacher den Luckyme Leuten gefallen haben, das erklärt sich beim Durchhören des selbstbetitelten Debüts von selbst.

Cid Rim
Gerade ein Stück wie "Manage Expectations", vom Titel her mit den vielleicht selbst auferlegten, vielleicht ihn Cid Rim gesetzten Erwartungen spielt, gräbt sich der verspielte Sound so tief in die Gehörgänge, dass man meinen könnte, die kunstvoll verschraubten Beats entsprüngen der eigenen Fantasie!
Meine Kollegen Stefan Trischler und Wer seine Lauscher in der Sonntagnacht lieber am Polster deponiert, kann die Sendung ab Montag 20. August Mittag sieben Tage lang hier on demand nachhören.