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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

19. 8. 2012 - 10:16

Von Erdbeben und Abendessen

Eine FM4 Soundparknacht mit Cid Rims Debüt, einem Sommernachtrag von The More Or The Less, einer Herbsvorschau und einem 1990ies Schwerpunkt.

Pause.

Eine lange Pause.

Für mich, zumindest.

Auch wenn es niemandem aufgefallen sein mag.

Deshalb gibt es in dieser Sendung ein bisschen was aufzuarbeiten. Wie zum Beispiel das wundervolle, große Album von The More Or The Less. Aber auch brandaktuelle Musik wird zu hören sein, nächmlich von Cid Rim, der sein Debüt gleich mal in Engalnd veröffentlicht. Aber auch ihr seid gut vertreten, mit euren Produktionen der letzten Wochen, die ich aus dem FM4 Soundpark gefischt habe.

Oh, Santiago!

FM4 Soundpark (01-06)
mit Andreas Gtettner

Was für ein Beginn, welch eine perfekte Eröffnung für ein Album, das eine lebensbedrohliche Erfahrung verarbeitet. Auf kurzes Gitarrenfeedback folgt der erste große Donnerschlag von "Oh, Santiago", dem ersten Stück der neuen The More Or The Less Platte. Gleich anschließend gibt Sänger und Mastermind Tobias Pötzlsberger mutig und ehrlich zu Protokoll: "now i hereby declare it / my empire is down / and i have to admit that / i am fearful and frightened".

Bandfoto The More Or The Less

Herbet Winkler

Noch immer steckt dem Salzburger Musiker das weltschwerste Erdbeben in den Knochen, das früchterliche Grollen, das ihn und seine Freunde 2010 in einem Hotel in Santiago De Chile aus dem Schlaf riss. Noch immer flimmern die Bilder der zusammenstürzenden Zimmermauer im Kopf, die plötzlich den Blick über das nächtliche Santiago frei gab. Noch immer sieht sich Tobias im Türrahmen seines Hotelzimmers stehen, in Gedanken abwechselnd "jetzt ist alles aus" und "bleib ruhig!" wie ein Mantra in Endlosschleife vorsich hin sagend.

CD Cover "Keep Calm" der Band The More Or The Less

The More Or The Less

Jetzt, zwei Jahre später ist dem netten und quirrligen Tobias Pötzlsberger nicht nur die Phrase "Keep Calm" geblieben, sie betitelt auch sein zweites Album, das im Wesentlichen seine dunkle Stunden verarbeitet. Mehr denn je klingen The More The Less wie eine eingespielte, sich ohne viel Worte verständigende Band. Ein Gespann, das den ausgezeichnet geschriebenen und gut arrangierten Songs die nötige emotionale Tiefe verleiht.

Im Gegensatz zum Debüt "We, the people", ist "Keep Calm" abwechslungsreicher, rockiger, bombastischer und doch tranzparent und detailverliebt. Zum fiktiven Gespräch mit dem Totengräber ertönen am Schluss bei "Mr. Undertacker" die Fanfaren, im verzückenden "Show Me Where Your Heard Is" wird engelsgleich ein Liebes-Refrain heraufbeschworen, der zu Tränen rühren kann. "When We Happen To Collide" nimmt einen sofort mit in den zeitlosen Pop-Olymp und am Ende, wenn bei The More Or The Less "The Best (That You Can Do Now)" heraufbeschworen wird, löst der herrlich verzerrte Klimax ein Hochegfühl aus, das man sich beim erneuten Durchlauf der Platte gleich wieder holen möchte.

Zu Recht wird dieses Album bald auch in Deutschland veröffentlicht, zu Recht wird es eine größere Tour mit Freund und Kollegen Effi 2013 geben, zu Recht ist heute Nacht Tobias Pötzlsberger im FM4 Soundparkstudio, um über diese großartige Platte zu sprechen.

Oh, London!

010 ereignete sich auch für den österreichischen Schlagzeuger und Produzenten Clemens Bacher alias Cid Rim ein unvergessliches Ereigniss. Jedoch nicht in lebensbedrohlicher, sondern karrierefördernder Art. Denn als Clemens mit Dorian Concept für ein paar Gigs nach London reiste, hatte er die gelegenheit Leute vom legendären Luckyme Label kennenzulernen. Ein Abendessen mit Hudson Mohawke, das kann schon was.

Cid Rim Portrait

Cid Rim

Das Ergebnis: Cid Rim veröffentlicht seine erste Platte auf Luckyme, das trotz kleiner Personalaufwartung einen großen impact in der Elektronikszene hat. Dass die vertrakten, groovigen, funkigen und sehr eigenen Beats von Clemens Bacher den Luckyme Leuten gefallen haben, das erklärt sich beim Durchhören des selbstbetitelten Debüts von selbst.

Cid Rim CD Cover

Cid Rim

Gerade ein Stück wie "Manage Expectations", vom Titel her mit den vielleicht selbst auferlegten, vielleicht ihn Cid Rim gesetzten Erwartungen spielt, gräbt sich der verspielte Sound so tief in die Gehörgänge, dass man meinen könnte, die kunstvoll verschraubten Beats entsprüngen der eigenen Fantasie!

Meine Kollegen Stefan Trischler und

Wer seine Lauscher in der Sonntagnacht lieber am Polster deponiert, kann die Sendung ab Montag 20. August Mittag sieben Tage lang hier on demand nachhören.

Des Weiteren werden in dieser Sendung die 1990iger Jahre eine große Rolle spielen. Zum Einen stellen wir Euch den vor kurzem erschienen Sampler "Death To The 90s" aus dem Hause Ink Music vor. Daraus gibt es unter anderem Fred Schreibers barjazzige Version von "Wonderwall" zu hören, Bernhard Eders Akustiktriubte an Smashing Pumpkins' "Tonight Tonight", das famose My Bloody Valentines "I Only Said"-Cover von Elouie und vieles mehr. Zum Anderen werde auch ich eine 1990iger Reminiszenz anstimmen. Vor drei Jahren begann mit meinem Mix von österreichischer Musik der neunziger Jahre nämlich die Mix- und Gesprächsreihe "

UMA Drop your soul
LFNT POLO Tulip Fields
A.G. Trio ft M. Zahradnicek Countably Infinite
Collapsing New People deny me
Roman Rauch vs Dorian Concept Can't Get Enough Of Trilingual Juke Sexperience
Gerald Peklar Fuer Uns (Original Mix)
The Bandaloop Shake It (Kung Fu Divas Remix)
Selecta Bence Rocket (Original)
Franjazzco Give It Up
Kommando Elefant Wir Sprengen Krokodile (Frederic Skampbert Remix)
Cueing Sar Funk
Ti8ShBi Dragonfly 2012
Star Under Construction Hyperunactive
LFNT POLO Run
Klumzy Tunng Loyal Tea

Und auch die nachfolgenden zwei Videos solltet ihr Euch nicht entgehen lassen. Mit dabei mein absoluter Lieblingssommersong aus Österreich, Klumzy Tunngs "Loyal Tea"...

und das großartig dancig-poppige "Rush" von deadnote.danse! gedreht u.a. am Wiener Donaukanal.