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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

10. 8. 2012 - 10:45

Croatien

Schlechte Witze und Hände hoch am FM4 Wochenende beim Poolbar Festival mit Flip & Average und Cro

Okay, zugegeben, ich war noch nie in Vorarlberg. Das ist mein erstes Mal und ich liebe es. Obwohl ich kein Wort des dialektal doch sehr einschlägig gefärbten Volkes verstehe, ist hier alles friedlich, sauber, ja, beinahe unschuldig. Die hohen Berge, die klaren Flüsse, astrein verputzte Häuser, keine Kriminalität - und überdies eine an den großen Bruder verloren geglaubte Tochter, Lisa R., die mich vom Bahnhof abholt, öffnen schnell mein Herz für das noch unbekannte Bergland.

Das FM4 Wochenende am Poolbar-Festival

Das Poolbar Festival ist bekanntlich im alten Hallenbad in Feldkirch stationiert. Jedes Jahr wird mittels Architekturwettbewerb versucht, frischen Wind in die muffigen Hallen des ehemaligen Fußpilzparadieses zu bringen. Die Modefarbe des Sommers 2012 ist dabei offenbar sonnengelb. Denn in ebensolcher Farbe erstrahlen die Bar und das Ticket-Kabuff. Und da stehen alsbald auch schon die ersten Fans an. Jung sind sie und gechillt, manche haben eine Pandamaske dabei, ein beinahe sakrales Element, das die Jünger verehren. Der Tag steht unter dem Zeichen des Bären.

Das FM4 Wochenende beim Poolbar Festival läutet den Endspurt desselbigen ein. Noch zwei Wochen Subkultur, dann ist Schluss für dieses Jahr. Marilyn Manson war wohl der größte Aufreger in dieser Saison, mit Madonna-esken Starallüren. Vom Poolbar-Team wollte er einen kleinen Taschenspiegel mit eingravierten "MM"-Initialen zur Verfügung gestellt bekommen. Und die haben ihr bestes getan.

"Kennt ihr Run DMC?"

Sie kamen zu spät zum Soundcheck, rockten dafür aber umso mehr die Badelatschen-Hallen. Flip & Average sind nicht nur sausympathische Typen, sie sind auch noch superclever. Im Interview mit Lisa legen sie einen derben Freestyle-Rap hin, den ganz Feldkirch noch nicht erlebt hat. Und auf der Bühne performen sie ihre "Tuesday Classics" - das sind englische HipHop-Klassiker der Achtziger und Neunziger Jahre, die sie ins Oberösterreichische übersetzt haben. Jeden Dienstag haben sie sich zusammengesetzt und in akribischer Kleinstarbeit Drums, Beats und Samples nachgebaut, die Texte innerhalb kürzester Zeit adaptiert und Songs neuinterpretiert - und die funktionieren auch auf der Bühne.

Von Outkast bis Dr. Dre ist da alles dabei. Aufgrund des jungen Publikums ist jedoch die Frage von Flip & Average berechtigt: "Kennt ihr Run DMC überhaupt noch?" - Ja, kennen sie. Flip & Average liefern genau das, was man mit einem Bier in der Hand im Sommer hören will. Und die Köpfen wippen zum Beat. Man braucht kein eingefleischter HipHop-Fan zu sein, um die Songs mit dem österreichischen Touch gut zu finden.

"Könnt ihr noch?"

Festivals haben immer eine gewisse Vorlaufzeit. Mindestens ein halbes Jahr im vorhinein werden Locations gecheckt, Termine gesaved und Künstler gebooked. In diesem Jahr hatte die Poolbar Glück und buchte den komplett unbekannten Cro, einen HipHopper, der Rap mit Pop fusionieren wollte und noch nicht mal ein Album draußen hatte. In nur wenigen Wochen wurde er an die Spitze der Charts katapultiert, Jan Delay nennt ihn die "Zukunft des Deutsch-Rap" und mit "Easy" hat er den Sommerohrwurm 2012 hingelegt.

Die FM4 Frequency WarmUp-Tour mit Cro

  • 13.08. Innsbruck - Dogana / Red Bull Brandwagen FM4 Frequency Warm Up Tour: Cro (D), Iriepathy (Ö)
  • 14.08. Linz - Ars-Electronica Center / Red Bull Brandwagen FM4 Frequency Warm Up Tour: Cro (D), Average And Huckey (Ö)

Cro ist der neue Tokio Hotel. Im Publikum sind blutjunge Fans, alle kennen jede Zeile seines Albums, auswendig, alle werfen die Hände in die Höhe, alle kreischen. Und Cro ist der Puppenspieler, der die Massen bedient. Er wählt ein Mädchen mit langen braunen Haaren aus, die ein Foto von ihm und seiner Band machen darf, Teil der Show. Er sagt Sätze wie "Ich hab mich in euch verliebt" oder "Das ist der schönste Abend". Carlo alias Cro spart nicht mit Superlativen, aber die Show stimmt.

Nach jedem Lied beginnen die Kreisch-Konzerte von neuem. Cro spannt seine Fans auf die Folter, "Easy" wird erst als vorletztes gespielt - seine Fans singen dazu. Natürlich war das Konzert ausverkauft.

Im Interview sagt Cro, er fände es nicht okay, dass deutsche Medien versuchen, seine wahre Identität zu veröffentlichen. Seine Pandamaske würde er noch lange tragen, das gibt ihm etwas Geheimnisvolles. Und er kann unbemerkt sein Leben leben, ohne in der Öffentlichkeit angegafft zu werden.

Mr. Dero & Klumzy Tung

Klumzy Tung ist der wohl sympathischste Mann des Abends. Im Backstagebereich hottet er zu Cro ab und fragt, ob er noch seine Bob Ross Perücke vom Hotel abholen soll. Die könnte er halb über sein Gesicht ziehen, wie Cro eben mit seiner Pandamaske, und so Punkte beim Publikum gutmachen. Das braucht er aber gar nicht. Das mag ihn auch so.

Klumzy Tung ist eine Maschine, stundenlang rappt er freestyle ohne Pause - doch, einmal musste er zum pinkeln raus. Irgendwann steht er selbst bei uns im Arbeitskammerl und rappt, die FM4 Crew solle doch mit ihm tanzen gehen. Das haben wir dann auch gemacht.

Mit seinem Mix aus Drum´n´Bass, HipHop und Pop-Elementen hält er die Poolbar-Jünger noch bis in den Morgen bei Laune. CDs verschenkt er auch noch. Und Lisa hat die Bob Ross Verkleidung ergattert, die fortan in ihrer Wohnung hängen wird.

Morgen pausiert dann erstmals die HipHop-Schiene und wir widmen uns elektronischen Gefilden: Dark Sky, La Boum de Luxe und Philipp L´Heritier stehen am Programm, Egyptrixx haben sich leider verflogen und Feldkirch mit Wien verwechselt. Kann ja mal passieren.