Erstellt am: 7. 7. 2012 - 17:37 Uhr
Perfekte Songs
Gestern hat die erste Ausgabe des Harvest Of Art Festivals stattgefunden. Auf dem gemütlichsten Gelände Österreichs: Wiesen. Im Burgenland. Schön deswegen, weil es die perfekte Größe, perfekte Sicht, perfekte Überdeckung bietet. Und weil es nicht wachsen kann. Bis auf das Gras und die Bäume in den allerletzten Waldreihen, in denen manche Besucherinnen in ihren Hängematten schaukeln. Während man sich beim Gelände keinerlei Veränderung wünscht, hat sich in den letzten Jahren der Veranstaltungsort in seiner Programmausrichtung nur vereinzelt ausgezeichnet. Bei manchen Festivalveranstaltungen ist und war man ständig mit einem Déjà-Vu Kollaps konfrontiert. Nicht selten hatte man das Gefühl, manche Bands haben sich nur wegen einem Festivaltag in Wiesen noch nicht aufgelöst.
Mit der ersten Ausgabe vom Harvest Of Art hat man es geschafft, ein Folk-/Indie-/Singer-Songwriter-Lineup zu präsentieren, das dieser Genre-Melange in den letzten Jahren auch eine Frischzellenkur verpasst hat. Ja, ich denk dabei an Mumford & Sons zum Beispiel. Die eindeutigen Headliner des gestrigen Abends. Und in Wiesen auch auf dem ersten Stockerl: das Publikum natürlich, das am Nachmittag unter dem wolkenlosesten und blauesten aller Himmel von Blitzen und Donnern und niederschmetterndem Regen überrascht wurde. An Aufgeben aber war nicht zu denken, solange man sich in der Musik verlieren kann, wie mir eine Festivalbesucherin versichert hat.
Mehr zum Harvest Of Art Festival gibt es am Sonntag 8.7. im Festivalradio 13-17Uhr zu hören. Und in der Fm4 Homebase am 9.7. 19-22Uhr.
Kategorie perfekte Songs in der Reihenfolge der von mir beobachteten Auftretenden:
Ginga "Final Call"
Warpaint "Elephants"
Thees Uhlmann "Und Jay Z singt ein Lied"
Glen Hansard "Leave"
Mumford & Sons "Little Lion Man"
Glen Hansard sagt, für eine gute Liveshow muss man einen Schritt nach hinten machen. Er muss es wissen. Das vor Publikum Spielen hat er als Teenager auf Dublins Straßen gelernt. Seit dem Erscheinen des Debütalbums seiner Band The Frames sind 17 Jahre vergangen und mit The Swell Season konnte er Erfolge verbuchen, an die er damals als Teenager (im Studio statt im Studium geschweige denn in der Schule) gar nicht gedacht hätte. Ein Oscar. Ein Musical zum Beispiel.
Glen Hansard sagt also: "What an audience are there to experience often times is either the connection with the music or the connection with each other. Your only job really is to not get in the way with that. It´s not necessarily to try to steer it. It´s more just to take yourself out of the way. Because when we put ourselves into it: we can get all kind of heady and try to somehow make it all about us and i think this is one of the great failures of the modern rock star. It´s not about you, step out of the way, let it come."
Mit diesem Motto im Ohr konnte man sich gestern auf die Suche nach dem perfekten Song machen. Da waren die von emotionalen Dringlichkeiten gebeutelten Songs von Ginga oder die melancholischen Powerballaden von Warpaint. Der der Erdigkeit verschriebene Thees Uhlmann. Diese waghalsig einvernehmenden Folksongs von Glen Hansards. Die vor Lebensfreude sprühenden Gesänge der Kooks. Aber diese "connection", von der Hansard gesprochen hat, die haben wohl Mumford & Sons am stärksten verkörpert. Sie waren die Hauptempfänger der abendlichen Sehnsuchtsprojektionen. Weil sie all die oben beschriebenen Songfacetten in einem Liveset vereint haben. Vielleicht werd' ich jetzt sogar Fan. Oder mach mich nochmal auf nach Wiesen zum Lou Reed. Der hat auch mal über die Ernte gesungen.