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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

17. 5. 2012 - 15:00

Verelendung auf hohem Niveau

Freibrief für die soziale Hängematte oder Ende der Armut? Die bedarforientierte Mindestsicherung auf dem Prüfstand.

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hat vor ihrer Einführung sowohl populistische Ängste bis übergroße Hoffnungen ausgelöst: Dass die 'Arbeitsscheuen' so viel bekämen, dass sie den letzten Grund für Arbeitssuche verlören, ebenso wie dass Armut in Zukunft kein Thema mehr wäre. Vordergründig ist es bei der Mindestsicherung aber darum gegangen, eine der ungerechtesten Auswirkungen des österreichischen Föderalismus zu beenden: die neun Sozialhilferegelungen der Länder, nach denen man je nach Wohnort und Gutdünken des Sozialamtes halbwegs auskam oder endgültig verarmte, zu vereinheitlichen.

An sich bekommt nun alle BezieherInnen die selbe Grundsicherung von 753 Euro (wenn man alleine lebt), davon sind weniger als 200 Euro für Wohnen vorgesehen. Gegebenenfalls wird das durch Mietstützung und Sonderzahlungen ergänzt, etwa wenn der Boiler kaputt ist oder ein Kind in die Schule kommt. Die Armutskonferenz hat die bedarfsorientierte Mindestsicherung untersucht und kommt zu dem Schluss, dass die Vereinheitlichung gescheitert ist. Martin Schenk, Sozialaexperte der Armutskonferenz: "All diese Sonderbedarfe - die zwar so heißen, aber eigentlich normale Kosten für einen Haushalt sind - sind Kann-Bestimmungen und zum Teil auch gestrichen worden." Das heißt, dass man in Westösterreich eher zusätzliches Geld für die Wohnung oder die kaputte Waschmaschine bekommt als in Kärnten, im Burgenland oder in Niederösterreich.

Die Armutskonferenz sieht Nachbesserungsbedarf und Martin Schenk kritisiert das Dasein von MindestsicherungsbezieherInnen als BittstellerInnen: "Wir wünschen uns einen Rechtskatalog, dass man vom Boden- bis zum Neusiedlersee weiß: Worauf habe ich Anspruch?"

Die Mindestsicherung ist nach der Untersuchung der Armutskonferenz übrigens ganz und gar keine Einladung in die vielbeschworene soziale Hängematte: Nur knapp 10 Prozent der BezieherInnen sind DauersozialhilfeempängerInnen, die meisten davon PensionistInnen, die zu wenige Beitragsjahre zusammen haben und die Mindestsicherung aufgezahlt bekommen.

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