Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Scheiß auf die Schwerkraft"

Phekt

Geschichten aus dem Hip Hop-Universum und benachbarten Galaxien.

10. 5. 2012 - 06:00

Scheiß auf die Schwerkraft

Breakdance hat sich in den letzten Jahrzehnten konstant weiterentwickelt. Physikalische Gesetze gelten nicht für alle. Sehen sie selbst.

Unlängst war ich im Rahmen eines Breakdance-Battles von Circle Industry in der ARGE in Salzburg. In der Szene bevorzugt man die Terminologie „B-Boying“ oder „B-Girling“ – denn Breakdance ist ein Begriff, den die Medien erfunden haben. Wie auch immer, was ich dort gesehen habe, hat mich erstaunt: Erstens hatte ich keine Ahnung, wie viele interessierte Menschen heutzutage zu so einer Veranstaltung kommen (die ARGE war ausverkauft und es waren Tänzerinnen, Tänzer und Gäste aus aller Welt da). Und zweitens hab ich dort atemberaubende Moves gesehen, die so wirkten, als ob physikalische Gesetze nicht für alle Menschen gälten.

Ein aktueller Battle, gefilmt in Lyon.

Mitte der 90er Jahre bin ich nach Celle bei Hannover bzw. Offenbach gepilgert, um dort die legendären Battle of the year-Veranstaltungen zu besuchen. Das waren für die Szene prägende Events. Internationale Crews haben dort in friedlicher Atmosphäre gegeneinander getanzt, danach (um 6 Uhr morgens) miteinander am Bahnhofsvorplatz oder in der Fußgängerzone. In der Zeit vor Breitband-Internet und Online-Videos waren derartige Battles essentiell, um Gleichgesinnte zu treffen und Motivation/Inspiration für neue Moves zu finden.

Dieses Video der Turf Feinz zeigt unglaubliche Moves, gefilmt in den Straßen von Oakland/Kalifornien. Die Knochen sind aus Gummi, oder?

Competition is none

Der „Battle of the year“ wurde in der Zwischenzeit um zahlreiche Konkurrenz-Veranstaltungen ergänzt. Rund um den Erdball gibt es heutzutage Wettbewerbe, das tänzerische Niveau ist rasant gestiegen. Innerhalb der Szene gibt es zwei Lager: Zum einen jene Tänzer, die mit möglichst spektakulären, an Bodenturner erinnernde Powermoves (Saltos, Flick-Flacks, Headspins, etc.) die Gunst des Publikums auf sich ziehen. Und jene Tänzer, die mit eleganten Schrittfolgen und innovativen Bewegungs-Kombinationen mehr Wert auf den Tanz, die Rhythmik und individuellen Style legen. Erfahrungsgemäß reagieren Laien mehr auf Powermoves. Um die Qualität von Persönlichkeit im Tanz zu erkennen, muss man sich zumindest ein bisschen auskennen.

In diesem atemberaubenden Battle weist ein kleiner Junge einen erfahrenen Tänzer in seine Schranken. Die nächste Generation kann dann wahrscheinlich fliegen.

Nachdem viele Jahre die USA Heimat der besten B-Boys und B-Girls waren, sind es zurzeit die Crews aus Asien (vor allem aus Korea), die neue Maßstäbe setzen. In Österreich haben sich Vorarlberg und Salzburg als jene Bundesländer mit den besten Crews etabliert. Demnächst reist ein Tänzer aus Vorarlberg nach Rotterdam, um sich für den großen BC One Wettbewerb in Rio De Janeiro zu qualifizieren. Wir drücken die Daumen.

Aus gegebenem Anlass hier ein mehr oder weniger aktuelles Video der Beastie Boys. Mit einem sehr unterhaltsamen Breakdance-Battle im Finale. RIP MCA!