Erstellt am: 5. 4. 2012 - 16:14 Uhr
"Mythos Opferrolle"
Die Kernaussage des Artikels lautet, dass der sogenannte Gender Pay Gap, also die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen grob übertrieben dargestellt werden und es heute „keine wesentlichen Lohnunterschiede gibt“. Dabei kommen auch die Autoren Gernot Bauer und Robert Treichler zum Schluss, dass selbst bei den positivsten Studien Frauen in Österreich bei gleicher Qualifikation, gleichem Job und gleicher Tätigkeit wenigstens acht Prozent weniger verdienen als Männer.
Das Medianeinkommen ist der bessere Durchschnitt.
Acht Prozent sind jedenfalls keine unwesentliche Zahl, es bedeutet beim Medianeinkommen von etwa 1.700 Euro netto beinahe 2000 Euro Unterschied im Jahr. Dazu kommt aber, dass eben Frauen immer noch den Großteil von Haus- und Kindererziehungsarbeit leisten; wesentlich häufiger in Teilzeitjobs oder/ und "Frauenberufen" arbeiten, die grundsätzlich schlechter bezahlt werden; immer noch länger in Karenz sind als Männer und dadurch die größeren Karriereunterbrechungen haben; immer noch an gläserne Decken stoßen, also etwa kaum in Vorständen und Aufsichtsräten vertreten sind. Beachtet man alle Faktoren, die für Chancenungleichheit sorgen, verdienen Frauen 25,5 Prozent weniger als Männer.
Der besagte Artikel ist natürlich auch eine Provokation. Dennoch: Die Reaktionen darauf sind gewaltig. Es gibt Presseaussendungen verschiedener Organisationen, von der Arbeiterkammer bis zur Gleichstellungsanwaltschaft, Artikel, Blogeinträge und heftige Diskussionen in Foren, auf Facebook und Twitter. Grundtenor: Negativ. Die Bloggerin Brigitte Theißl hat den feministischen Standpunkt der Diskussion in ihrem heutigen Blog umfassend dargestellt.
Wir haben Mitautor Robert Treichler und Christa Kirchmair vom Verein Business & Professional Women Austria, die den Equal Pay Day nach Österreich gebracht haben, zur Diskussion geladen. Treichler verteidigt darin seinen Standpunkt: „Wenn man die Veränderungen nicht berücksichtigt und immer nur auf der globalsten Zahl beharrt, die man finden kann, dann kann man weder feststellen, was sich ändert, noch die Politik danach ausrichten.“ Es hat sich also einiges verbessert und die 25 Prozent Unterschied sind heute nicht mehr Realität. Christa Kirchmair verteidigt die Zahl, kommt sie doch vom unverdächtigen Rechnungshof und stellt die Chancenverteilung im Land dar. „Man muss es hinterfragen, da gebe ich Ihnen Recht, aber nicht, indem man es wegleugnet und zum Mythos erklärt.“
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