Erstellt am: 24. 3. 2012 - 12:35 Uhr
Cosplay
Vom 15. bis 18 .März fand in Leipzig die zweitwichtigste deutsche Buchmesse statt. In Frankfurt werden Geschäfte gemacht, in Leipzig kommt das Publikum – so lassen sich die beiden Messen in etwa unterscheiden. Unter dem Motto “Leipzig liest” wurde auch dieses Jahr in der ganzen Stadt, in jedem Theater, jedem Waschsalon und fast jedem Café gelesen.
Die Messe -Schwerpunkte 2012 waren: Bildung, Kinder-und Jugendbuch, Diskussionen zum E-Book, zu Digitalisierung, digitalem Nutzungsrecht und Produktpiraterie.
Pünktlich zum Bücherfrühling war in Leipzig der echte Frühling ausgebrochen und pünktlich liefen sie auch dieses Jahr in die Hallen ein: die Cos Player. Wer zum ersten Mal in Leipzig ist und sich vorher nicht mit japanischer Popkultur beschäftigt hat, gar Manga oder Animé-Fan ist, der wundert sich. Und reibt sich die Augen, wenn inmitten des Messegewusels die buntesten Märchen-und Feengestalten, zweibeinige Tiere, Menschen mit Perücken in allen Farben und absurd unpraktischen Kostümen auftauchen und durch die Messehallen flanieren oder sich malerisch am See im Innenhof lagern.
Der Laie konnte da hächstens mal einen Batman, Darth Vader, ein paar Hogwarts-Schüler, zwei Jack Sparrows und eine ganze Horde Pokemons identifizieren. Aber es gab so unendlich viel mehr! Wilde Kostüme mit gigantischen Papp und Schaumstoff-Waffen, Mädchen, die mehrarmige Puppen oder riesige Schlüssel in der Hand hielten, haufenweise mittelalterliche Soldaten, Engel, Krieger, blutige Schwestern, menschliche Spielkarten, das Cats-Ensemble, Frauen und Männer in schwarzen Roben, Leute in Ganzkörperfellanzügen mit Glühlämpchenaugen.

Rösinger
Eine unidentifizerbare Gestalt, die einen zwei Meter langen Plüschschwanz hinter sich herzog und beim Hinsetzen mühevoll um sich drapierte, ein menschlicher, sperriger Zwei-Cubic-Meter- Würfel, der Mühe hatte, nicht überall anzuecken. Und dabei hatte die Messeleitung schon reglementierend eingegriffen: Zum Schutz aller Messebesucher wurden Waffengesetze erlassen.
Peitschen durften nicht länger als 1,50 Meter sein, die Stacheln der Halsbänder nicht länger als 5 Zentimeter; Spielzeugpistolen aus Plastik und Schwerter und Lanzen aus Holz oder Pappmaché mussten eindeutig als Nachbauten erkennbar sein, und die ausladenden Kostüme durften keine scharfen Kanten haben.
Die Cosplay-Szene trifft sich auch nicht aus reinem Jux und Tollerei in Leipzig. Hier findet nämlich der Vorentscheid zum European Cosplay Gathering statt. Bei diesem Wettbewerb wird nicht nur das Kostüm präsentiert, es muss auch eine Szene aus dem Manga oder Comic oder eine Kampfszene nachgespielt, oder der Titelsong gesungen werden.
Auch dieses Jahr in Leipzig dachte man: Was für eine fantastische Jugendkultur, wie phantasievoll und friedlich und angenehm ungegendert es zugeht. Man fotografiert einander hauptsächlich gegenseitig, befühlt die Stoffe, tauscht sich über Kostüme aus, es herrscht ein ganz lieber, fast emohafter Umgamgston – wieviel netter ist so eine Jugendkultur als zum Beispiel das in unserer Popkultur so verbreitete Indie-Nerdtum mit seinen Listen und Tabellen und den ewig gleichen Marken-Turnschuhen und Outdoorlabel-Klamotten.