Erstellt am: 10. 3. 2012 - 16:34 Uhr
Ausgewulfft
Am Donnerstag Abend ging die Verabschiedung des Bundespräsidenten Wulff mit Pauken, Trompeten und Vuvuzelas über die Bühne und nicht wenige sind froh, dass die Causa Wulff nun endlich zu den Akten gelegt werden kann.

DPA / SOEREN STACHE
Auf den Zapfenstreich, die militärische Verabschiedungszeremonie durch das Musikkorps der Bundeswehr, hätte er verzichten sollen, hatte es letzte Woche aus verschiedenen politischen Lagern geheißen. Aber er, der auf gar nix verzichten wollte, wollte eben auch mit allen militärischen Ehren entlassen werden und wünschte sich samt der üblichen drei Songs sogar ein viertes Lied von der Bundeswehr-Kapelle, einen Gratis-Song - Upgrading wie es Harald Schmidt nannte.
Wem bei solch militärischen Zeremonien mit zackigen Befehlen, Uniformen und Märschen im Fackelschein sowieso eher mulmig zumute ist, dem war die Frage egal, ob Wulff diese Ehre gebührt. Letztendlich geriet das militärische Brimborium dann eh zur Farce. Viele Gäste, darunter auch die vier noch lebenden Alt-Bundespräsidenten hatten abgesagt, andere waren gar nicht eingeladen worden. Hunderte hatten sich über Facebook verabredet und waren zum Schloss gezogen, um mit Vuvuzelas, Megaphonen, Tröten, Hupen und Pfeifen dem endlich scheidenden Bundespräsidenten den Marsch zu blasen.

Christiane Rösinger
Interessant war die Songauswahl, die Wulffsche Playlist, für den Zapfenstreich. Er wünschte sich eine Serenade aus dem "Alexandermarsch" von Andreas Leonhardt, das Kirchenlied "Da berühren sich Himmel und Erde" von Christoph Lehmann, die "Ode an die Freude" von Beethoven und "Over the Rainbow" von Harold Arlen.
Ursprünglich hatte sich der scheidende Bundespräsident "Ebony and Ivory" von Paul Mc Cartney und Stevie Wonder gewünscht, wahrscheinlich um sich als Mittler zwischen den Kulturen zu inszenieren, sich dann aber kurzfristig zu "Over the Rainbow" umentschieden, bekannt durch den Film "The Wizard of Oz" mit Judy Garland aus dem Jahre 1939. Das lässt Raum für Interpretationen, handelt es sich doch um ein eskapistisches Märchenstück, in dem sich das Lyrische Ich weit weg in ein Land über den Regenbogen wünscht, an einen Ort, wo die Sorgen wie Zitronenbonbons schmelzen.

DPA / Wolfgang Kumm
Allgemein muss ja bezweifelt werden, dass sich Politiker zu ihren musikalischen Vorlieben frei äußern. Wahrscheinlich hilft ihnen eine PR-Agentur dabei, sich mit einer wähleroptimierten Songauswahl bei den jeweiligen Zielgruppen anzubiedern. So bekannte sich Ex-Bundeskanzler Schröder während seiner Amtszeit nicht nur zum alten Arbeiterlied, sondern outete sich als Fan der Scorpions. Bei seiner Zapfenstreich-Verabschiedung wünschte er sich "I did it my way" von Frank Sinatra. Plagiats-Minister von zu Guttenberg betonte stets, seine Frau auf der Loveparade kennen gelernt zu haben und brüstete sich mit seiner Vorliebe für AC/DC, wünschte sich beim Zapfenstreich dann aber doch "Smoke on the Water" von Deep Purple.
Von Angela Merkel weiß man, dass sie für die Oper schwärmt, aber auch die Beatles mag und natürlich Karat, wegen der Wähler aus dem Osten. Außenminister Westerwelle bleibt bei seinen musikalischen Vorlieben "Charts, Klassik, Oper und Pop" hingegen etwas beliebig .
Anders die englischen Politiker, sie legen Wert darauf Teil der Popkultur zu sein. So schwärmte Tony Blair einst von Oasis, wurde dann aber im Interview überführt, keinen einzigen Song der Band nennen zu können. Als der englische Premierminister Cameron sich an The Smiths und ihre Fans anbiederte, wurde ihm das von Gitarrist Johnny Marr mit Unterstützung Morrisseys sogar verboten.