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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

19. 2. 2012 - 14:10

Die Bären sind los!

Eine FM4 Soundparknacht mit neuem Album von Das Trojanische Pferd, Krixi Kraxi und die Kroxn Remix- und Hörspielwahnsinn, sowie den Salzburger Indiehelden Olympique.

Der österreichische Pop gehört schon seit einigen Jahren wieder den jungen Musikern. Wesentlich dazu hat das Indie-Lable Problembär Records mit seinen vielen Acts und Musikern beigetragen, allen voran dem Nino aus Wien, der mit seiner unverwechselbar schrulligen und alltagspoetischen Art den verkrusteten Austro-Pop sprengte. Nach der großartigen Platte "Bipolar" von Neuschnee kommt jetzt das neue Werk von Das Trojanische Pferd auf den Markt, gemeinsam mit dem physischen Release von Krixi, Kraxi und die Kroxen. Genug Gründe, um den problematischen Musikbären viel Platz in dieser Sonntagnacht einzuräumen.

Darüber hinaus werden uns die Salzburger Olympique mit ihrer frisch gebackenen EP besuchen, und wir hören uns durch neue Releases wie dem wundervollen "Poles" von Lonely Drifter Karen oder dem grenzgenialen "Ivory" von Kutin.

Wut und Disziplin

"Untier" hätte es heißen können. Oder "Hochmut", "Requiem", "Antreiben - Abtreiben", "Berg" oder schlicht und einfach "Blut". Sänger, Gitarrist und Texter von Das Trojanische Pferd, Hubert Weinheimer hatte noch viel mehr Albentitel, die alle in irgendeiner Form die schwierige Entstehungsgeschichte und die Grundstimmung der dreizehn Songs widerspiegeln. Doch "Wut und Disziplin" bringt dieses gespaltene Meisterwerk auf den Punkt. Schon das selbstbetitelte Debüt ließ den Hang zum musikalischen und textlichen Auszucken freien Lauf. Nur diesmal wird nicht nur Wien angezündet, sondern bei "Zwischen Tür und Angel" gleich die ganze Welt umgebracht. Musikalisch begleitet von zarten Klaviermelodien, Beserlschlagzeug und einem wilden Trompeten-Jazz-Finale.

Das Trojanische Pferd Albumcover "Wut und Disziplin"

Hubert Weinheimer

Solche Wahnsinnigkeiten kommen übrigens in jeder Nummer vor. Da wird zum Beispiel für die paradoxerweise mit "Nicht wichtig" betitelten, furiosen Ballade der wundervolle Orgelklang gleich mal im Stephansdom aufgenommen. Oder man wird nach dem Gang durch das "Blindgängermuseum", das viele musikalische Schaustücke der 90iger ausgestellt hat, mit einem Psycho-Chor ins Freie entlassen, für den sich auch Alfred Hitchcock sicher ein Bein ausgerissen hätte. Und wenn bei "Magenbitter" inhaltlich zum gewitzten Todesstoß gegen die alten Austro-Pop-Grande angesetzt wird, die das heimische Klanggut so richtig den Bach runtergedreht haben, dann reichen dafür lediglich eine akustische Gitarre und clever arrangierte Streicher. Und mit dem Stück "Hardcore" ist Cellist Hans Wagner und Hubert Weinheimer die wahrscheinlich schönste deutschsprachige Nummer des noch jungen Jahres 2012 gelungen. Gemeinsam mit Sängerin Meaghan Burke wird teils auf Deutsch, teils Englisch, teils Französisch zu herzerweichenden Bläsersätzen gesungen, von denen man nicht genug bekommen kann.

Das Trojanische Pferd präsentieren ihr neues Album "Wut und Disziplin" am Freitag 24.02.2012 in der Roten Bar im Volkstheater.

Dass "Wut und Disziplin" in all seiner Zerrissenheit auch wirklich so perfekt funktioniert, liegt auch an der rauen, ausgewogenen, wohlklingenden und transparenten Produktion, die anfänglich vom absoluten Wunderhändchen von Thomas "Kantine" Pronai in der Celly-Mühle geformt wurde. Drei weitere Studios und die zusammenhaltende Mix von Florian Widhalm liefern uns wohl eines der spannendsten Album von Problembär Records. Hans Wagner und Hubert Weinheimer führen uns heute Nacht durch ihr Wahnsinnswerk.

Remix- und Hörspielwahnsinn

Letztes Jahr im September ließen Nino Mandl und Natalie Ofenböck mit ihrer "Supergroup" Krixi Kraxi und die Kroxen aufhören. Rund 17 Musiker der Problembär-Records Familie und darüber hinaus beteiligten sich an dem wundervoll verrückten, herrlich schrägen, improvisiert dialogischen Musiktheater. "Die Gegenwart haengt uns schon lange zum Hals heraus" wurde damals als gratis Download allen zur Verfügung gestellt, die gerne in die witzig abgründige Welt von Nino und Natalie abtauchen wollten. Jetzt wird diese Sammlung an alltagspoetischen Szenen als schmuckes, physisches Tonträgerlein veröffentlicht, mit bezauberndem Coverartwork und gleich drei neuen, exklusiven Stücken.

Krixi Kraxi und die Kroxen Albumcover

Natalie Ofenböck

Diese Bonustracks bieten einen Remix von "Hallo", den kein geringerer als Hip-Hop-Altmeister DJ Urbs verfasst hat, um aus dem grenzgenialen Prater-Psychiater-Reimlied einen schmissigen 80iger Jahre Discohit zu machen. Mit "Hello" findet sich eine weitere Version dieser Nummer auf der CD, diesmal jedoch in einer englischen 1:1-Übersetzung, umgearbeitet von Robert Rotifer, der es im Duett mit seiner Tochter Emmi zum Besten gibt. Und mit "Sonntag" packen Krixi und Kraxi auch gleich ein vierzehnmintüiges Hörspiel auf die Platte, das in dieser Soundparkausgabe in voller Länge zu hören sein wird. Außerdem stehen uns Nino Mandl und Natalie Ofenböck Rede und Antwort zu ihren Stücken wie dem dunkel düsteren Kinderlied "Todespark", der "nicht ernst zu nehmenden" Bluegrass-Nummer "Country Love" oder dem umwerfenden heimlich titelgebendem "Alien".

Flucht nach Norden

Und zu guter Letzt wird vor kurz vor der FM4 Morningshow das Trio Olympique im Soundparkstudio vorbeischauen. Vor knapp einem Jahr waren die drei Salzburger schon zu Gast, damals mit Demoaufnahmen und zwei akustischen Gitarren im Gepäck.

Olympique Bandfoto

Olympique

Als Fabian und Leo den Song "Norwegen" anstimmen war mir klar, dass das jetzt schon eine wirklich großartige Nummer ist. Stolz können Olympique nun ihre erste EP präsentieren, die mit erdigem, druckvollen Sound auf allen Linien überzeugt. Ein melancholisches Trimbre zieht sich durch alle vier Stücke, begleitet von einer Energie, die das Trio kunstvoll auf den neuen Silberling bannen konnte. Zu dem Indie-Hit "Norwegen" wurde auch gleich ein stimmiges Video produziert.

Das alles und viel mehr könnt ihr in dieser Soundparkausgabe hören. Wer seine Lauscher in der Sonntagnacht lieber am Polster deponiert, kann die Sendung ab Montag 20. Februar Mittag sieben Tage lang on demand nachhören.