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Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

13. 2. 2012 - 09:07

Hubby spielt

Die Geschichte des RM Hubbert aus Glasgow, heute in FM4 Heartbeat.

Ich traf RM Hubbert - alle nennen ihn Hubby - im kalten Wind vor dem King's Place, einem jener neuen Gebäude in King's Cross, die in den letzten Jahren aus dem Nichts im ehemals ziellosen Geröll dieser Bahnhofsgegend erschienen sind.

Hubby live in London

Robert Rotifer

Der Guardian und der Observer sind heutzutage dort untergebracht, aber was mir nicht bewusst war, ist dass im Eingeweide dieses verglasten Bauwerks ganz nebenher auch ein ziemlich schnieker Konzert- und Theaterschauplatz eingerichtet wurde, wo Hubby an jenem Abend spielen sollte.

Da stand er also nach seinem Soundcheck in der Kälte vor der Glastür und paffte an seiner Zigarette. Wir sagten Hallo zueinander, bewegten uns auf den Eingang zu und wurden sofort von einem Herren in offizieller Montur zurückgescheucht, weil hier auch im Freien vor dem Gebäude nur am dafür vorgesehenen Platz geraucht werden darf.

Hubby dämpfte aus, wir glitten per Rolltreppe ins polierte Kellerreich und drangen mithilfe eines Magnetschlüssels schließlich durch ein schwarz gestrichenes Labyrinth bis in den Backstage-Raum vor.

Dort erzählte mir Hubby für meine Radiosendung seine Geschichte.

Von seiner Zeit bei der Glasgower Post-Rock-Band El Hombre Trajeado in den Neunzigern.
Wie er und Alex Kapranos (damals Huntley) ihren Kazoo Club gründeten und die ersten Konzerte von Bands wie Mogwai, Arab Strap oder Bis veranstalteten.

Von seinem Weiterbildungskurs in einem Tonstudio, an dem nicht nur Alex, sondern auch die gerade gegründeten Belle and Sebastian teilnahmen (die dort ihre ersten Aufnahmen für "Tigermilk" fabrizierten), wie er dort zum Haustechniker avancierte und mit Leuten wie The Yummy Fur oder Lungleg an freien Wochenenden ganze Alben aufnahm.

Und von seinen schweren Depressionen, einer erst glücklichen, dann aber gescheiterten Ehe, dem Tod seines Vaters und danach seiner Mutter, die ihn ein Jahrzehnt lang in die Isolation trieben.

Hubby live in London

Robert Rotifer

RM Hubbert betrieb Selbsttherapie, indem er sich das Flamenco-Gitarrespielen beibrachte. Tagelange, konzentrierte Fingerübungen waren sein Weg aus dem Kreislauf düsterer Gedanken.

Und irgendwann löste er sich dann von den Flamenco-Vorlagen und begann mit der erlernten Zupftechnik seine eigenen Stücke zu schreiben. Filigrane, manchmal wie einzelne Pinselstriche in die weiße Stille gemalte, dann wieder schnarrend forsche, süß-saure Solo-Stücke, wie er sie vor zwei Jahren auf seinem Album "First and Last" veröffentlichte.

Alisdair Robert bei Hubby live in London

Robert Rotifer

Alasdair Roberts bei RM Hubberts Konzert im King's Place

Das erste Album sollte entgegen dem Titel aber keineswegs sein letztes bleiben, denn Hubbys nächster Schritt war das Wiedersehen seiner alten Freunde, die er ein Jahrzehnt lang nicht getroffen hatte. Leute wie Emma Pollock (von den Delgados), Alasdair Roberts, Aidan Moffat (Arab Strap) und natürlich Alex Kapranos...

Man traf sich nicht im Pub, sondern im Proberaum, wo musikalische Dokumente dieser Begegnungen festgehalten wurden, die die Grundlage für sein neues Album "Thirteen Lost and Found" hergeben sollten.

Hubby packte seine Gitarre aus, und der Rest passierte spontan.

Emma Pollock bei Hubby live in London

Robert Rotifer

Emma Pollock ebenda

Das Interview zu dieser langen Geschichte war eines der interessantesten, die ich geführt habe, auch wenn es dabei gar nichts zu führen, sondern einfach nur viel anzuhören gab.

Es wird heute, Montag, nebst Hubbys Musik und der Musik aus seinem Glasgower Umkreis in meiner Sendung FM4 Heartbeat zu hören sein.

Die eindrucksvolle Erfahrung des darauffolgenden Konzerts, wie dieser Bär von einem Mann sich die kleine Gitarre unter den Arm nahm und seine Finger über die Saiten galoppieren ließ, wie er im Beisein seiner alten MusikerfreundInnen aus dem Leben erzählte und spielte, all das muss man sich dazudenken.

Was sich dank der Echtzeit-verité-Ästhetik von Hubbys Platten übrigens erstaunlich gut machen lässt.