Erstellt am: 16. 2. 2012 - 17:00 Uhr
Musik süß-sauer
Irgendwann im Jahr 2009: Ein englisches Trio hat einen Song, "I Know What I Am" heißt er, und innerhalb einer Woche wird er als iTunes Song der Woche über 400 000 Mal heruntergeladen. Band Of Skulls heißt das Trio aus dem südenglischen Southampton. Zwei Kindheitsfreunde, Russell Marsden und Matt Hayward. Der eine trommelt - Matt - und der andere singt und spielt Gitarre - Russell.
Auf der Kunsthochschule - immer ein guter Ort um Musikkontakte zu knüpfen - trifft Russell Marsden auf Emma Richardson. Schnell ist eine Band gegründet: Band Of Skulls, in Anlehnung an Shakespeares "Hamlet" und seine Totenkopfsymbolik. Die Friedshofsszene, in der Hamlet, Prinz von Dänemark, den Totenschädel von Yorick, den einstigen Hofnarren, fragt: "Wo sind nun deine Schwänke? Deine Sprünge? Deine Lieder, deine Blitze von Lustigkeit?".
Emma Richardson spielt den Bass, und weil sie auch singen kann, singt sie nicht nur mit, sondern übernimmt auf manchen Songs die Leadvocals. Rasch sollte "I Know What I Am" ein komplettes Album folgen. Ende 2009 war es soweit, "Baby Darling Doll Face Honey" so der Titel vom Debutalbum der Band Of Skulls. Metal, Blues, Glamrock, Folk waren die Grundzutaten der Songs der Band Of Skulls, einer britischen (Garagerock) Band mit amerikanischen Träumen. Einmal Josh Homme sein, oder so.

Band Of Skulls
Something Elemental?
Beim On The Rocks Festival in der Nähe von Salzburg spielten Band Of Skulls ihr einziges Österreichkonzert. Das war im Juli 2010, und es war ein packendes Konzert. Drei Menschen, drei Instrumente und zwei Stimmen. Die Bescheidenheit in Person war das Trio damals offstage. Drei Brit-Kids, die noch nicht so recht begreifen konnten, dass sie auch außerhalb Großbritanniens gebucht werden. Da waren sie schon am Soundtrack zum "Twilight/New Moon" Vampirspektakel. Dieser wollte nicht nur Thom Yorke, die Killers oder Editors haben, sondern eben auch die Band Of Skulls. "Friends" hieß das Stück, das die Band zur Verfügung stellte.
Bärte, Sonnenbrillen, Lederjacken sowieso - waren das die Kings Of Leon, mit einer Frau? War das Chrissie Hynde zusammen mit Greg und Duane Allman? Eine junge Allman Brothers Band gar? Nein, es waren unsere freundlichen britischen Kids Emma, Russell und Matt. Nächstes Foto der Band Of Skulls: Rock Glamour, samt - ganz New Moon like - Kajal um die Augen. Einen Fuß im Teen-Markt, wollte man das? Ja, warum nicht. Aber in welche Richtung würde da der nächste Longplayer gehen? Fragen über Fragen. Hier ist er, zwei Jahre nach "Baby Darling Doll Face Honey", und "Sweet Sour" heißt er. Das süß-sauer passt insofern, dass sich sanfte Balladen abwechseln mit fast brutal kurzen Stücken. Die leise-laut Dynamik als "sweet sour". Velveteen und filthy zugleich.
Caught By The Fuzz
If you like this, try these:
Dead Weather, Black Rebel Motorcycle Club, Fleetwood Mac, Crosby, Stills & Nash, Pixies.
Ein schwieriges zweites Album? Nein, eigentlich gar nicht. Manchen vielleicht etwas zu "slick" produziert, jedenfalls im Vergleich zur rohen Energie vom ersten Album, auch wenn Supergrass-Producer Ian Davenport auch schon beim Debut der Band Of Skulls geholfen hatte. White hot grooves mit Zuckerglasur. Das könnte man - wenn man ein klein bißchen böse ist - auch als Malen nach Zahlen bezeichnen, rock by numbers, sozusagen. Insgesamt ist "Sweet Sour" schlanker und fokussierter als "Baby Darling Doll Face Honey", trotz der angesprochenen lengthy Ballads. Diese sind es aber, die letztlich beweisen, dass die Band Of Skulls wirklich gute - und seit Debut und Twilight-Songappearance - gereifte Songwriter sind.
Anspieltipps

band of skulls
"The Devil Takes Care Of His Own": Ein Link zum ersten Album. Bluesrock.
"Lay My Head Down": Smokey, dreamy. Emma Richardson singt. Laurel Canyon, California Folkrock, aber mit heavy middle section.
"You´re Not Pretty But You Got It Going On": Aha. Die schnellste Nummer am Album, und die schnellste der Band überhaupt.
"Wanderluster": Auch ein Link zum Debutalbum.
"Hometown": Einfacher, schöner Song. Text und Melodie stehen im Mittelpunkt. Ein Mellotron wird gespielt.
"Lies": Der erste Song, der eingespielt wurde. Nach dem Abmischen in Los Angeles, hatte die Band eine genaue Vorstellung, wie das komplette Album klingen würde.
"Close To Nowhere": Spätnachts/frühmorgens aufgenommen, nach viel Rotweinkonsum. Russell Marsden: "You have to listen to it late at night to appreciate it."
"Sweet Sour" von Band Of Skulls ist bei Electric Blues Recordings/PIAS erschienen.