Erstellt am: 11. 2. 2012 - 16:35 Uhr
¿Qué pasa?
Aus aktuellem Anlass werfen wir einen Blick auf die elektronische Musikszene in Spanien. Dieser Anlass heißt John Talabot, dessen Album vor vier Wochen auf diesen Seiten gelobt und gepriesen wurde. Es ist übrigens immer noch sehr super, falls jemand das noch nicht überprüft hat. Jedenfalls hat Talabot mit seiner Großtat Spanien wieder auf die elektronische Landkarte gehievt, das heißt, auf jene Landkarte, auf der Ibiza nicht drauf ist. Denn um einen Ruf als Land, in dem man toll Party machen, saufen und Techno hören kann, musste sich Spanien ja nie Sorgen machen. Wenn man aber Musikmenschen nach ein paar ernstzunehmenden spanischen Produzenten fragt, dann kann es durchaus passieren, dass ihnen, abgesehen von einer Handvoll Ibiza-Stars, wenn überhaupt, keine einfallen, und das ist schade.
News from a land down under

Kristina Fender
Dabei war es vor allem ein Produzent, der auf der iberischen Halbinsel die Minimal-Techno-Flagge seit jeher tapfer hochgehalten hat und regelmäßig internationalen Ruhm und Ehre abstaubt, dieser Mann war und ist Alex Under. In den letzten zehn Jahren zeigte er sich für eine mittellange Liste an EPs und ein Album, das sehr gute "Dispositivos De Mi Granja", verantwortlich, für detailreichen, deepen Minimal Techno und eine Handvoll Ideen. Bei den ähnlich gesinnten, ähnlich guten Folks von Trapez Records war er daher immer in guter Gesellschaft.
Nach sieben langen Jahren bringt Alex Under nun endlich ein neues Album heraus und gibt ihm den schönen Titel "La Maquina de Bolas" – die Kugelmaschine. Die einzelnen Tracks, die Produkte dieser Maschine, heißen dementsprechend Bola 1 bis 8 und rollen schnurkstracks weg vom Dancefloor in eine für ihn neue Richtung. Sie bestehen aus zehnminütiger, klebriger Masse, aus soviel wabernder Deepness, dass man sich nur allzu leicht darin verlieren und nie wieder herausfinden kann. Eigentlich, und das ist schwer zu erklären, schafft Alex Under eine ganz eigene Form von Bewegung zwischen stehen bleiben und für immer weiterlaufen. Die Kugelmaschine dringt recht ordentlich und tief in die Gehirnwindungen ein, ihre Mechanismen haben etwas Zwingendes, ohne sich aufzudrängen - Ambient-Dubtechno in Zeitlupe von seiner besten Seite. Hörproben gibt es zum Beispiel hier.
Noch einmal mit Gefühl
El_Txef_A alias Aitor Etxebarria, ein junger Produzent aus Gernika im Baskenland, scharrt inzwischen mit seinem Debütalbum "Slow dancing in a burning room" in den Startlöchern und hat ihm ein schönes Cover in Pastellfarben verpasst. Tatsächlich ist es irgendwie mehr ein Pop- als ein Elektronikalbum, einordnen lässt es sich jedenfalls kaum. In Zeiten, in denen Genre-Bending und Tellerrandzertrümmern, elektronische Popsongs und poppige Technotracks mit Melodie auf Tanzflächen und Radiostationen ganz hoch im Kurs stehen, kommt El_Txefa mit seinem Fleckerlteppich aus Post-Dubstep, Piano-Melancholie, House, Disco-Funk und Pop gerade recht. Manchmal trägt er die synthetischen Streicher und all das Gefühl etwas zu dick auf, die Qualität der einzelnen Stücke schwankt teilweise stark. Spätestens mit seinen verfremdeten, tiefen Stimmen kriegt er uns dann aber doch wieder, denn auf die stehen wir ja nicht erst seit Matthew Dear und Nicolas Jaar, oder?
Beste Nummer, ganz subjektiv: A place to fall apart.
Monofunk Records
Zum Abschluss noch ein paar Worte zu einem Künstler, der anonym bleiben will und auch seine Nationalität nicht preisgibt. Jedoch veröffentlicht er auf dem in Madrid beheimateten, sehr feinen Label Monofunk, auf dem außer ihm ausschließlich spanische Produzenten vertreten sind, weshalb man ihn vielleicht und eventuell auch in dieser Spanien-Rundschau nennen darf. Mit Rhythm & Soul hat er zwar nicht unbedingt den originellsten Künstlernamen gewählt, produziert aber ein paar der cremigsten, deepsten House-Stücke der letzten Zeit. Die folgende Nummer stammt von der gleichnamigen EP "Paris is killing me" und ist bereits im vergangenen November erschienen: eine zarte Jazz-Pianoline über Lyrics von Gil Scott Heron, herrlich.
Weitere spanische Elektronik-Artists
- Wagon Cookin, ein Brüderpaar aus der Nähe von Madrid, gibt's schon ewig und klingt nach: Disco-Electro-Pop.
- John-Talabot-Wegbegleiter Pional
- Jaumëtic, Minimal-Technologe aus Barcelona. Schon lang nichts mehr von ihm gehört, schade eigentlich.
- Simon Garcia, der vergangenes Jahr etwa hiermit eine sich schön anschleichende, kleine Dancefloorhymne geschaffen hat.
- hier bitte noch weitere Namen einfügen.
Ergänzung: spanische Labels z.B.: CMYK (Label von Alex Under), Net28 (eigentlich eine Art Labelkollektiv; auch hier hat Alex Under seine Finger im Spiel), Apnea, Fiakun, Monofunk (siehe oben), Cyclical Tracks, Hivern Disc, Factor City,...