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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

28. 1. 2012 - 17:45

Marx bleibt sitzen, Engels stehen!

Als Denkmal hat man es nicht leicht in Berlin.

Letzte Woche forderte Bundesbauminister Ramsauer von der CDU, das Marx-Engels-Denkmal am Berliner Alexanderplatz solle im Zuge des Wiederaufbaus des Stadtschlosses abgebaut werden und aus dem Stadtbild verschwinden. Die Idee stößt jedoch bei den Berliner Politikern und Bürgern auf einhellige Ablehnung. Die Berliner Marx-Engels-Skulptur, im DDR-Volksmund auch „Sakko und Jacketti“ ( nach den amerikanischen Arbeiterführern Sacco und Vanzetti) genannt, war 1986 zu DDR-Zeiten aufgestellt worden. Geschaffen hat sie der Bildhauer Ludwig Engelhardt in doppelter Lebensgröße. Sie zeigt zwei bärtige, ältere Herren als Bronzefiguren. Marx sitzt, Engels steht, beide blicken nachdenklich in die Ferne.

Das Denkmal

Christiane Rösinger

Die Idee, das Denkmal zu versetzen, ist symptomatisch für den Umgang mit der bewegten Berliner Geschichte. In den Neunzigern, als Berlin so langsam wieder zu einer Stadt zusammen wuchs, wurde der Kampf um die Deutungshoheit der Geschichte und die Identität der Stadt mit Straßenumbenennungen und Denkmalsdemontagen ausgetragen. Ein 19 Meter großer Lenin aus ukrainischem rotem Granit wurde in 125 Segmente zersägt und 1991 außerhalb Berlins im märkischen Sand vergraben. Die Berliner Mauer wurde so gründlich abgerissen, dass Touristen aus aller Welt heute verzweifelt nach ihrem ehemaligen Verlauf suchen. Jahrelang tagten Expertenkommissionen, wie denn nun an die deutsche Teilung und die Mauer zu erinnern sei - als sie fertig getagt hatten, war nix mehr übrig von der Mauer. Das ehemalige Außenministerium und der Palast der Republik in der Mitte Berlins wurden in einem Akt der Siegerjustiz ebenfalls abgerissen.

Thälmann Denkmal

Christiane Rösinger

Thälmann steht noch.

Ginge es nach dem bayrischen CSU-Politiker, so kämen nun auch die beiden Theoretiker des Kommunismus auf den "Sozialistenfriedhof” den Gedenkfriedhof Friedrichsfelde am Berliner Stadtrand. "Eine Auslagerung nach Friedrichsfelde, um aus der dortigen Gedenkstätte eine Art sozialistischen Streichelzoo zu machen, kann hier nicht die richtige Antwort sein“, antwortete das Berliner Kulturamt. Somit wurde die bayrische Initiative abgeschmettert und es steht fest: Marx bleibt sitzen, Engels stehen!