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Anna Masoner

Anna Masoner

Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

11. 1. 2012 - 10:54

Korruptionsbekämpfung im Netz

Die Bekämpfung von Bestechung und Schmiergeldzahlung ist erfahrungsgemäß zäh. Dabei könnte das Netz helfen. In letzter Zeit sind dort einige Initiativen entstanden, die die geheimen Geldflüsse und Beziehungsnetzwerke offenlegen wollen.

Wie eng Wirtschaft und Politik verflochten sind, dessen ist man sich in Österreich nicht zuletzt angesichts der Telekomaffäre wieder verstärkt bewusst geworden. Freunderlwirtschaft, käufliche Lobbyisten und Korruption sind allerdings weltweit ein verbreitetes Übel.

Generell führt Korruption dazu, dass die Leistungen von Organisationen abnehmen, die dafür zu entrichtenden Geldbeträge aber steigen. Nach Angaben der Weltbank muss durchschnittlich jeder Mensch rund 7% seiner Arbeitsleistung für Korruptionsschäden aufbringen.

„Ich habe Schmiergeld bezahlt“

Als ihre Mutter vor vier Jahren ein Haus kaufte, sollte sie für die Registrierung nicht nur die erforderliche Summe bezahlen, sondern auch ein erkleckliches Sümmchen an Bargeld mitbringen, für das es keine Rechnung gab. Das berichtet Indira Viswanathan in einem Video auf der Seite ipaidabribe.com, was so viel bedeutet wie „ich habe Schmiergeld bezahlt“.

Die Seite, die vor anderthalb Jahren von einer indischen NGO lanciert wurde, will die Missstände der alltäglichen Korruption aufdecken und animiert Bürger, ihre widerrechtlichen Zahlungen öffentlich zu machen. So kann man nachlesen und nachhören, wer wann in welcher Stadt an welchen Beamten wie viel zahlen musste. In Indien schlug die Webseite hohe Wellen. Fast eine Million Menschen berichteten und informierten sich bisher.

Influence Networks

Wer mit wem, diese Frage interessiert auch die Macher hinter dem Recherchewerkzeug Influence Networks, das vergangenen April in Frankreich gestartet ist. Es will die Verbindungen aufzeigen, die zwischen Unternehmen und Politikern herrschen.

„Wir haben beschlossen, wirklich die Beziehungen zwischen
den einzelnen Personen ins Visier zu nehmen.“ Nicolas Kayser-Bril ist Journalist und Mitarbeiter der französischen Organisation OWNI, einem Think Tank für Datenjournalismus, der die Seite gebaut hat. Partner sind unter anderem die Hamburger ZEIT und Transparency international, eine NGO, die sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben hat.

„Persönliche Angaben wie das Geburtsdatum oder jene zur Tätigkeit einer Person liefert uns großteils die externe Datenbank Freebase. Dadurch können wir uns stärker auf die Verbindungen zwischen den Personen konzentrieren „ Angezeigt werden etwa die Verflechtungen von Nicolas Sarkozy mit Muammar al Gadaffi oder von Peter Hochegger mit Karl Heinz Grasser graphisch. (Es gilt die Unschuldsvermutung.)

Wie bei I paid a bribe kann beim Eingeben der Informationen jeder mitmachen. Bei Influence Network ist die Community aufgefordert, die Informationen zu überprüfen. Jede Information muss nämlich von mehreren Menschen abgesegnet werden, bevor sie als Fakt veröffentlicht wird.

Deutsches Modell Lobbypedia

Der internationale Anspruch sowie die Tatsache, dass nach dem Wikipedia Prinzip alle mitmachen können, ist auch der Pferdefuß von Influence Networks. Denn obwohl fast 2000 User registriert und 1200 Beziehungen eingeben sind, sind die Erkenntnisse, die man bisher aus der Plattform gewinnt, eher dürftig.

Für den deutschsprachigen Raum gibt es das unabhängige Online-Lexikon Lobbypedia, das Fakten und zusammenhänge über die Welt des Lobbyismus und die Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit liefert. Es setzt nicht auf Crowdsourcing, sondern auf ein Expertenteam. Um ungewollte Einflussnahme von Lobbyisten zu verhindern.