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Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

29. 11. 2011 - 18:42

Zukunftsvisionen

Professor Alberto Sangiovanni-Vincentelli skizziert die Zukunft der Welt als totale Vernetzung mit unsichtbarer IT-Infrastruktur.

Alberto Sangiovanni Vincentelli

Alberto Sangiovanni Vincentelli

Was 1995 im Film "Johnny Mnemonic" noch größte Zukunftsmusik war, ein Computerchip im Gehirn, könnte bald schon Realität werden. Zumindest wenn es nach Alberto Sangiovanni-Vincentelli geht, Professor für Elektrotechnik und Computerwissenschaften an der Universität Berkeley in Kalifornien und Berater führender Technologieunternehmen. Doch zuvor müssen noch einige andere Schritte getan werden.

"Sensory Swarm"

Die Zukunftsvisionen, die Sangiovanni-Vincentelli letzte Woche bei einem Vortrag am Institute of Science and Technology Austria, der "Elite-Uni" in Maria Gugging, skizziert hat, erinnern an Science-Fiction-Filme und -Literatur. Im Gegensatz zum Fiktionalen arbeitet der Professor aber an ihrer konkreten Umsetzung. So ist unsere aktuelle IT-Infrastruktur mit Rechenzentren und mobilen Geräten etwa gerade dabei, sich um eine Schicht zu erweitern, um einen Schwarm von Sensoren. Sensoren werden überall sein, in unserer Kleidung, unseren Autos und unseren Häusern. Studien prognostizieren, dass es 2017 bereits über 7 Billionen kabellose Devices geben wird, das sind mehr als 1000 Devices pro Person.

Diese Unzahl von Sensoren und Apparaten wird nur wenig Strom benötigen, da ihre ganze Rechenleistung in weit entfernten Rechenzentren passiert, in der Cloud. Mobile Rechner werden verschwinden. "No more computers, no more cellphones, all that will disappear. We can, for example, talk to our jackets, and that will be a cellphone, embedded in our jacket. We can snap a finger and something will come to us. We can trace signs in the air and that will be considered a command to retrieve informations in the cloud."

Computerinfrastruktur wird unsichtbar

Statt mobiler Computer brauchen wir dann nur noch Interfaces, die so natürlich und unscheinbar wie möglich sein sollen. Die ganze Computer-Infrastruktur wird also unsichtbar sein. Spiegel oder Glaswände können als Displays fungieren, die wir auch als Touchsreens benutzen, Autos werden selbstständig fahren. Googles Versuche in diese Richtung kennen wir ja schon, aber auch die großen Autoproduzenten haben sich auf dieses Thema schon draufgesetzt. Und dabei wird es wohl nicht bleiben: Der nächste Schritt in der Technik-Evolution wäre laut dem Berkeley-Professor dann die direkte Gedankensteuerung. Theoretisch wäre das jetzt schon realisierbar, mit Computerchips, die in das Gehirn implantiert werden und direkt an unsere Neuronen anschließen. Vielleicht wird es dafür aber auch andere Lösungen geben, doch die Bio-Cyber-Welt ist noch fern.

Möglich soll die Gedankensteuerung dadurch werden, dass alle Sensoren und elektronischen Geräte miteinander verbunden sind, mittels Fiberglas oder kabellos. Trotz dieser totalen Vernetzung soll die Gefahr eines Hacks oder Ausfalls der Infrastruktur nicht größer sein als heute. Das Schwarmprinzip der elektronischen Geräte würde Ausfälle sofort kompensieren. Das Ganze wird mehr können als die Summe der Teile.

Das Ende der Privatsphäre

Für die Privatsphäre ist in Sangiovanni-Vincentellis Ausführungen allerdings kein Platz, er misst der Privatsphäre aber auch keine große Bedeutung mehr zu. Bereits jetzt würden wir mit unseren Handys und Smartphones freiwillig Einbußen in unserer Privatsphäre akzeptieren, im Austausch für Mobilität und Komfort. Diese Entwicklung würde in Zukunft eben zu einem Abschluss kommen.

Die Aufgabe der Privatsphäre wäre aber nicht der einzige Preis für die neuen Möglichkeiten, wie Sangiovanni-Vincentelli lachend meint: "Actually the prize is, that we are getting very very lazy people. We'll just sit there and think and then something will happen. So in years to come we'll probably become all brain with no legs, no arms, no nothing, because we don't need them anymore. Evolution towards big brains and no limbs."