Erstellt am: 9. 11. 2011 - 15:20 Uhr
Darkness Falls: Dreampop aus Dänemark
This Sensual World, Part 2
Darkness Falls? Eine Metal-Band? Ein Film? Ja, einmal ein US-Horrorfilm und einmal ein britisches Drama, dazu tatsächlich eine Metal-Band, die in England zuhause ist und ohne Plattenvertrag werkt. Josephine "Jose" Philip lacht schallend am anderen Ende der Telefonleitung beim Brainstorming, was man mit dem Namen Darkness Falls so alles assoziieren könnte. Metallerinnen sind Jose und Ina jedenfalls nicht, aber ehemalige Ska-Punkerinnen, bei der Kopenhagener All-Girl-Band Favelachic. Zehn Jahre kennen sich die beiden schon, vor etwa zwei Jahren beschlossen sie, zusammen Darkness Falls zu gründen.

Darkness Falls
Ina Lindgreen ist Absolventin der National Film School von Dänemark, sie spielt Gitarre und Bass bei Darkness Falls. Josephine Philip singt und spielt Keyboards. Nach ihrer Skapunk-Zeit tauchte Jose in die Clubszene von Kopenhagen ein. Dort traf sie auch auf Anders Trentemöller, Kopenhagens umtriebigen Production-Wizard. Er ist es auch, der diesem Debutalbum von Darkness Falls das Quäntchen Vision gibt, das dem Longplayer vielleicht fehlen würde, auch wenn die beiden selbstverständlich weit weg davon sind, Trentemöller-Marionetten zu sein. Wenn schon von Puppen die Rede ist, dann zieht Josephine schon selbst an deren Fäden und ist nicht die Puppe, an der gezerrt wird. Jose Philip ist im dänischen Fernsehen nämlich als Puppet Masterin tätig, im Kinderprogramm, wo sie ihre große Stimme auch der Hauptpuppe namens Habibi leiht.
Hey!
Im Frühjahr dieses Jahres fanden Darkness Falls schon mit "Hey!" von ihrem Mini-Album "Darkness Falls" den Weg auf die FM4-Soundselection. Jetzt gibt es diesen Wirbelwind aus Surf-Gitarren und Synthies auch am kompletten Album, neben Songs wie dem recht elektronischen "Timelime", einem herrlich klaustrophischen Stück, wo Josephine Philip singt "I need a timeline now cos I run for the race. I always run when I´m not supposed to."
Das Thema Zeit vielleicht auch deswegen, weil Josephine Mutter einer gerademal eineinhalb Jahre alten Tochter ist, was bedeutet, dass ein strenges Time-Management angesagt ist. Die Kreativität ging dabei, wie das Album kein besserer Beweis sein könnte, ganz und gar nicht verloren. Patti Smith sagte einmal, nach ihrem Rückzug aus der Öffentlichkeit, immer wenn die Kinder gerade schliefen, versuchte sie, soviel wie möglich zu schreiben.

Josephine Philip
Josephine Philip
Jenes Zimmer in der Kopenhagener Wohnung von Josephine Philip, wo erst die Instrumente und ein wenig Studioequipment standen, gehört jetzt ihrer Tochter. Das Studiozeugs musste übersiedeln. Schnell war ein Space gefunden, wo sich die Nachteulen Jose und Ina zum Schreiben treffen. Aufgestanden wird natürlich frühmorgens, Kinder werden schließlich eher als early birds geboren und nicht als Nachtfreaks. Das psychedelische "Night Will Be Dawn" singt ein Lied vom Aufbleiben, und das tut auch das Gitarrenpop-Stück "Before The Light Takes Us".
Noise On The Line
Wegziehen aus der dänischen Hauptstadt? Nach London, Barcelona oder sonstwohin? Nein, kommt nicht in Frage, sagt Josephine, auch wenn es da am Album diesen Song gibt, in dem es darum geht. In "Noise On The Line" heißt es "I stay in this old town and wonder if I find my love." In Kopenhagen kann man so gut Rad fahren, schwärmt Josephine, und das allein ist schon ein Grund zu bleiben.
"Put on your headphones and walk around", heißt es hingegen im Song "Josephine", etwas das Ina und Jose auch gern tun. Wem aber gehört die Männerstimme beim Duett "Josephine"?
Sie gehört Kim Las, einem Indierock-Sänger aus Kopenhagen, den Ina und Jose sehr mögen. Er schrieb auch den Text, etwa die Zeile "Pour a glass and toast to Josephine".

Darkness Falls
"Alive In Us" ist beim Hamburger Label hfn music erschienen.
Gloomy Sunday?
Irgendwo im World Wide Web steht über Darkness Falls geschrieben: "The album serves up tracks that sound like a female version of MGMT on valium." Haha. Frauen und Valium. Eh klar. Das vergessen wir also gleich wieder. Dreampop bedeutet zwar eine gewisse Post-Punk-Darkness, die aber partout nicht auf himmelsgleiche Popmelodien verzichten mag. Allzu düster wird die Stimmung bei Darkness Falls dann auch nicht. Inmitten all der schönen Melancholie gibt es durchaus auch geballte positive Energie. Mehr bitte, Josephine und Ina. Und bitte um ein Österreich-Konzert.