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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

13. 10. 2011 - 20:02

I Wanna Live In Paradise

Das britische Duo Slow Club ist zurück

"I wanna live in paradise, where it´s simple, without complexity."
(Slow Club, "Paradise", 2011)

Rebecca Taylor, Sängerin und Gitarristin von Slow Club sagt, sie denkt viel nach, vielleicht zu viel. Auch ihr Band-Partner Charles Watson tut das. "We´re like little rain clouds really, we worry and we think about things."
Das neue Album des Duos, das nun zum Quartett angewachsen ist, ist nicht ganz einfach zustande gekommen. Da war ein Fahrradunfall - Producer Luke Smith - und eine Operation - Rebecca Taylor. Keine Sorge, die beiden sind wieder wohlauf, und der Longplayer ist auch fertig.

Duo Slow Club, UK

low Club

Duo Slow Club, UK, Albumcover

Slow Club

"Yeah So", das Debutalbum von Slow Club, 2009

Rebecca Taylor und Charles Watson sind etwas weggegangen vom Folk-Duo-Sound. In der Tat haben die beiden jetzt eine komplette Band. Das bedeutet auch, Rebecca muss nicht mehr zwischen Gitarre und Schlagzeug hin und her wechseln. Das Indiepop-Tanzbein darf jetzt geschwungen werden beim Slow Club. Die langsamen Songs sind aber dann doch die schönsten. Etwa das gespenstische "Never Look Back", ein schwermütiger Song, in dem Charles Watson von einem sterbenden kleinen Bruder singt. Nein, das ist nicht wirklich ein autobiografisches Stück, klärt Rebecca Taylor auf: Charles träumte, dass er einen kleinen Bruder hatte, der um sein Leben kämpfte. "Baby brother, trying to bring him back to life."

Weitere Songs
"Gold Mountain":
Vom Sound her dem ersten Album noch am ähnlichsten.

"Hackney Marsh":
Ein London-Song im Sheffield-Mantel.

"The Dog":
Wieder ein Song über das Sterben. Diesmal geht es aber bloß um das Ende eines, nein, nicht Hundes, sondern Autos. Das Auto mit dem Slow Club zu ihren ersten Auftritten fuhren, hat den Geist aufgegeben.

Im Song "You, Earth Or Ash" sinniert Rebecca Taylor, wie lange sie ihren Großvater noch haben wird, und wie es sein wird, wenn er nicht mehr da ist. Mr. Taylor ist 87 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit, dennoch wird seine Enkelin den Gedanken nicht los, dass seine Zeit auf dieser Erde bald ablaufen könnte. Erzählt hat sie ihm nicht, dass sie diesen Song geschrieben hat. Das wäre wohl unpassend, sagt Rebecca Taylor. Aber so oft es geht, nimmt sie den Zug von London hinauf nach Sheffield, auch um Opa noch viel zu sehen.

This Is Not Twee Pop

Slow Club waren vor zwei Jahren mit ihrem Debutalbum eine Überraschung. Als "twee", als süß, charmant und sympathisch, ist der DIY-Indie-Folk von Rebecca Tylor und Charles Watson in ihrer ersten Album-Runde gern beschrieben worden, obwohl es da ja immerhin bei den Songs den Wechsel zwischen leise und laut gab. Rebecca Taylor und Charles Watson sind nicht nur Folk-Fans, sie mögen auch viel Soul-Musik, sowie alten und auch neuen R&B, und so spürt man auf "Paradise" auch bisweilen einen Doo-Wop-Vibe. Der Gesang von Rebecca und Charles eignet sich auch gut für solche Arrangements.

Duo Slow Club, UK

Slow Club

Erstmals ließen Rebecca Taylor und Charles Watson auch einen Produzenten in ihr Musiker-Leben. Luke Smith, früher bei der britischen Band Clor, und etwa auch Produzent vom Foals-Album "Total Life Forever", unterstützte den Slow Club im Studio.

Simon & Garfunkel meets Pulp meets White Stripes?

Entweder bist du in England als Musikerin eine "rock chick", oder bist das hübsche Folk-Mädchen, sagt Rebecca Taylor. Weil es aber keine zweite Liela Moss braucht - Slow Club tourten einmal mit The Duke Spirit - und auch keine zweite Laura Marling, ist Rebecca Taylor einfach Rebecca Taylor.

Albumcover Band Slow Club UK

Mioshi Moshi

"Paradise" von Slow Club ist bei Moshi Moshi Records in London erschienen.

Auch als typische London Band wollen Slow Club nicht verstanden werden. Aber was ist eine typische London Band? I don´t know, kommt es vom andere Ende der Leitung. Vielleicht eine mit viel Hype drumherum? Ja, sagt Rebecca Taylor. Auch wenn sie und Charles Watson - die beiden ehemaligen Schulfreunde sind kein Pärchen - jetzt in London leben, ihr Akzent ist keiner der britischen Hauptstadt. Im Herzen sind die beiden nach wie vor "Northerners" und sehen ihre Band als Sheffield-Band, auch wenn es keinen bestimmten Sheffield Sound gibt. So unterschiedliche Bands wie Cabaret Voltaire, The Human League, Pulp, Moloko oder die Arctic Monkeys hat die Stadt im Laufe der Zeit hervorgebracht. Slow Club wollen die Liste vervollständigen.