Erstellt am: 8. 10. 2011 - 13:35 Uhr
Aus für Rot-Grün in Berlin
Am 18.September wurde in Berlin mit recht klarem Ergebnis gewählt.70 Prozent der Berliner wünschten sich eine Rot-Grüne Regierung mit dem sozialdemokratischen Bürgermeister Wowereit. In manchen Bezirken haben sogar 85% links – also SPD, Grüne, Linke und Piraten gewählt. Deshalb war es einigermaßen überraschend, als am Mittwoch die Nachricht kam, dass zwei Wochen nach der Abgeordnetenhauswahl die Verhandlungen über eine rot-grüne Koalition in der Hauptstadt gescheitert sind - das Aus für Rot-Grün.

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Man konnte sich nicht über den Bau einer 3,2 km langen Autobahnstrecke einigen. Für die Grünen sind diese 3.250 Meter zwischen Neuköllln und Treptow ein überflüssiges, zerstörerisches Verkehrsprojekt, für die SPD eine wichtige Infrastrukturverbesserung. Beide Parteien hatten in ihren Wahlversprechen deutlich gemacht, dass sie auf ihren Positionen bestehen wollten, dass es nur mit bzw. ohne Autobahn zu einer Koalition kommen würde, beide haben Wort gehalten. Mit dem Ergebnis, dass Berlin eine Koalition bekommt, die außer der CDU niemand will.
Denn Berlin tritt mit einer großen Koalition die Reise in eine spießige Vergangenheit an. Die Berliner CDU ist berühmt für ihre Verstrickung in Bausumpf und Bankenskandal, steht für Hardlinertum, für eskalierende Polizeieinsätze, Provinzialität und eine Politik gegen Migranten und Flüchtlinge und nicht für ein weltoffenes Berlin.
Es ist bitter: Die Stadt, die weltweit für ihr alternatives Leben gefeiert wird bekommt eine goße Koalition mit einer rückwärtsgewandten und weltfernen CDU, gegen deren Betonköpfe Kanzlerin Angela Merkel wie ein Sponti-Girl wirkt.
Es ist auch bitter, für alle, die angenommen hatten, dass der Wählerinnenauftrag Ernst genommen wird. Nun bekommt Berlin eine Regierung die drei Viertel der Bevölkerung nicht wollen, sogar die Mehrheit der SPD ist gegen rot-schwarz. Wäre es da nicht demokratischer gewesen einen faulen Kompromiss zu schließen, als sich über eine Autobahn zu zerstreiten, die wenn, dann sowieso erst 2014 gebaut wird?

dpa
Nach dem raschen Ende der rot-grünen Koalitionsverhandlungen geben sich beide Parteien gegenseitig die Schuld am Scheitern. Während die Grünen Bürgermeister Wowereit vorwerfen, eine Koalition mit ihnen nie gewollt zu haben, kritisiert die SPD die Haltung der Grünen als wirtschaftsfeindlich. Es heißt aber auch, Wowereit wolle in zwei Jahren sowieso Berlin den Rücken kehren und in der Bundespolitik Karriere machen, da sei es einfacher für ihn, ein rot-schwarzes Berlin hinter sich zu lassen.
Alles in allem schlechter Stil. Wozu hat man da überhaupt gewählt, werden sich einige fragen? Man könnte ganz und gar politikverdrossen werden, falls man es nicht sowieso schon ist.
Bleibt nur der Versuch auch in diesen düsteren Zukunftsaussichten einen Vorteil zu sehen. Die große Koalition wird eine sehr lebendige, bunte Opposition aus Grünen, Linken und Piraten bekommen und das alternative Berlin hat wieder ein richtiges Feindbild: Die große Koalition.