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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

21. 9. 2011 - 17:29

Killer Sounds? Hard-Fi aus England sind wieder da!

Einmal um die ganze Welt, und wieder zurück nach Staines, Middlesex. Hard-Fi, Großbritanniens Post-Britpop-Stars, melden sich nach längerer Zeit zurück, mit dem Album "Killer Sounds".

Wer Britpop mehr oder weniger uneingeschränkt liebte, mochte Hard-Fi. Wer einen Paul Weller aus der Jam-Ära herbeisehnte, also einen zornigen jungen Briten mit sozialem Gewissen, der lag mit Richard Archer richtig. Archer und seine Band Hard-Fi put the British suburb on the pop music map again, samt aller Mythen, die sich um die englische Vorstadt ranken, inklusive fight for your right to party. Sechs Jahre ist das schon wieder her. Mit genau diesem archetypischen britischen Vorstadt-Underdog-Charme fanden sich Richard Archer und Hard-Fi an der Spitze der britischen Charts wieder. Ein paar Freunde, für deren Musik sich keiner zu interessieren scheint, machen im DIY-Verfahren eine Platte, und etwa ein halbes Jahr später sind sie die Nummer Eins im Mutterland der Popmusik.

Band Hard-Fi, UK

Hard-Fi

Hard-Fi thematisierten schon mit ihrem ersten Album "Stars Of CCTV" - CCTV steht für Close Circuit TV - viel von dem, was zuletzt in allen Nachrichten war: die Riots in London, die dann auf andere britische Städte übergriffen. Junge Menschen ohne Perspektiven, in einer Konsumgesellschaft, wo das Geld am Konto chronisch fehlt ("Cash Machine"), den Hoodie tief ins Gesicht gezogen. Die Überwachungskamera zeigt, das könnte ein gefährlicher junger Mensch sein. Staines, westlich von London, nahe Windsor, wo Hard-Fi herkommen, ist so ein perspektivloser Ort, wie Hard-Fi sagen. Dafür bekamen sie jedoch zuletzt umgehend Kritik, von der Stadtregierung.

Nowhere Man

Staines ist auch jener Ort, in den Richard wieder zurückging, nachdem er sich London nicht leisten konnte. Auch heute lebt er noch in Staines, im Haus das seinen Eltern gehörte. Beide leben nicht mehr. Richard Archers Eltern starben an Krebs. Wie schafft ein so junger Mensch wie Richard Archer das? Es war eine dunkle Zeit, sagte er kürzlich in einem Interview: "Es ist wirklich schade, dass ich meinen Erfolg nicht mehr mit meinen Eltern teilen konnte." Zum Glück hat der junge Mann eine Freundin, und die hat eine Mutter, und diese kommt schon mal rüber ins Archer-Haus, und dann räumt Richard brav auf, damit es nicht gar so ausschaut im Rock'n'Roll Haushalt.

Richard Archer, Musiker

Archer

Leicht hat es Richard Archer mit dem Comeback von Hard-Fi nicht ganz. Aber alles der Reihe nach: 2005 verkaufte sich die Single "Hard To Beat" 1,2 Millionen mal, und das Album "Stars Of CCTV" war sechs Monate lang in den britischen Charts. Hard-Fi schrammten nur knapp am Mercury-Preis vorbei und hatten fünf ausverkaufte Nächte in der Londoner Brixton-Academy. 2006 waren Hard-Fi die meistgespielte Band auf Radio One der BBC, und einen Bier-Rekord stellten sie auch auf: Das meiste Bier, das bis dato bei einem Konzert verkauft wurde, es wurde in der Brixton Academy und im Astoria verkauft, bei den Auftritten von Hard-Fi.
Wo Bier ist, sind meat & potatoes auch nicht weit weg. Die basics eben, mehr braucht der Britpop-Mensch nicht, nur ein Stück Fleisch und Erdäpfel, und das Bier dazu, viel Bier. Schimpfen, im übertragenen Sinn, über die quasi groben Seiten, die Britpop so an sich hat(te). Hard-Fi waren Britpop, aber noch ein bißchen mehr, samt Clash-Fantum, Reggae- und Soul-Vorliebe, und auch Daft-Punk-Verständnis.

Once Upon A Time

Auch der zweite Longplayer, "Once Upon A Time In The West", landete im United Kingdom wieder auf Platz Eins, bekam aber schon sein Fett ab. Das Streicher-Album von The Verve, pardon Hard-Fi. Richard Archer und Co. waren nun "Suburban Knights", gerüstet für die Bühnen der Stadien dieser Welt. Das Album wurde auch Nummer Eins, unter anderem in Peru, Top Ten in El Salvador, und auch in Japan oder Südafrika wollte man Hard-Fi Songs hören und die Band auftreten sehen.

Killer Sounds?

"Jeder verbindet Hard-Fi mit dem suburbanen London, ich wusste aber immer, dass wir größere, breitere Horizonte haben. Ich interessierte mich für alten Rock'n'Roll und versuchte herauszufinden, wie wir diese raue, ursprüngliche Energie aufnehmen und in unsere Zeit transportieren könnten. Etwas im Sinne von Big Audio Dynamite schwebte mir vor, diese klassischen Rock'n'Roll-Riffs über zeitgemäßen Beats." (Richard Archer über "Killer Sounds")

Seine Sounds sind Killersounds? Also echte Knüller? Ja, meint er das? Nein, nein, nein, Richard Archer war in Südamerika - dort kommt seine Freundin her - und in Kolumbien las er in der Zeitung von einem Mann, der aus alten Gewehren Gitarren baut, aus dem Kolben von Kalashnikovs. Ok, ok, doch ein pazifistischer Richard Archer, auch wenn er bisweilen singt wie ein warrior - die Zähne zusammengeknirscht und die Augen starr nach vorne gerichtet.

Die neuen Songs

"Killer Sounds" wurde zum Teil von Stuart Price (Les Rythmes Digitales, Zoot Woman) produziert.

"Stay Alive": Hard-Fi sind weiterhin Clash-Fans, aber mit L.A. Vibe. Ein Freund von Richard Archer wird schwer krank. Was ist los, fragt sich Richard, noch jemand, der - wie seine Eltern - kein Alter erreichen soll?

"Fire In The House": New Order? Die britischen Killers?

"Feels Good": Afrika meets Kasabian und Reggae a la Dillinger

"Bring It On": Billie Jean/Michael Jackson! A call to arms.

"Stop": 70s Glam Rock meets EMF ("Unbelievable")

Band Album Cover Hard-Fi

Hard-Fi

"Killer Sounds" von Hard-Fi ist bei Necessary/Atlantic erschienen.

"Love Song": Erinnert an Leftfield. Sophie Ellis-Bextor - einst Indiepop-Mädchen bei The Audience, dann Dancepopperin - singt mit. You go to a club and see a girl. It´s as simple as that.

"Good For Nothing": Mariachi-Bläser, spanischer Text. Manu Chao? Gospel?

Trying (too) hard?

Rocksongs, Technotracks - und ein New Orleans Stück auf der Deluxe-Albvum-Version. Herrliche Vielfalt oder Trying too hard? Hmm. (M)ein Lieblingssong: "Killer Sounds", der Titelsong, der ein ruhigeres Stück ist, ganz am Schluss des Albums, entstanden noch vor den Riots in England: "From Paris to Athens to the Barbary heat, gonna take my revenge, take it out on the streets."

Der britische Guardian sagt über das Comebackalbum von Hard-Fi: "It´s strange and silly, cartoonish, stupid and confused - and yet the latest missive from Staines makes for an oddly compulsive listen." Da hat er recht, der Guardian.