Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Eier, Butter, Bier (3)"

Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

4. 9. 2011 - 15:00

Eier, Butter, Bier (3)

Texte zu Einkaufslisten unbekannter Provenienz

Es wird auch weiterhin redlich verzichtet - Allerdings weilt Herr Carnal derzeit in Portugal und hat dort keine Lust, seine Abenteuer zu dokumentieren. Das "Tagebuch zum Jahr des Verzichts" erscheint nächste Woche wieder.

marc carnal

Narziss

Marco war noch immer im Bad. Hannah sah besorgt auf die Uhr. Sie würden wohl zu spät zum Afterwork-Barbecue bei Mike und Jenny kommen.

Nach einer knappen Stunde war er endlich fertig. Hannah stand am Fenster und blickte gelangweilt in die Ferne. Am Horizont zogen bedrohliche, gelbschwarze Wolken auf.

“Sieht nach Hagel aus.“, sagte Anna wie zu sich selbst.
“Ist aber das Styling Wax mit Shine Effect “, meinte Marco. „Wollen wir gehen?“

Die Vorteile der Gleitzeit

marc carnal

Wer bis drei im unbarmherzigen Takte der Stechuhr sein Tagwerk vollbringt, dann eine halbe Stunde würdelos zusammengepfercht die Entbehrungen des öffentlichen Nahverkehrs zu bewältigen hat, nach nur dreißig Minuten Geruhsamkeit in der behaglichen Garçonnière weiter zum legitimerweise gerühmten Vollwert-Bäcker Gradwohl eilen muss, um einen ausgesuchten Laib zu erstehen und sich dann obendrein noch über zeitnahe Highlights in der üppigen Welt der Jugendkultur informieren will, hat es sich durchaus verdient, den Abend mit dem einen oder anderen Fläschchen Wein oder auch Co ausklingen zu lassen, und natürlich:

Manchmal muss „ausklingen“ auch als Euphemismus herhalten, man säuft sich schon gerne mal die Hucke voll und zecht, bis der Arzt kommt, kippt und gießt und schluckt, als gäbe es kein Morgen, zwitschert sich ordentlich einen hinter die Birne, eimert, bechert, pichelt und tankt wie ihm Wahn, bis man schließlich gegen Mittag im eigenen Erbrochenen aufwacht, mit pelziger Zunge „Merde…“ murmelt, den pochenden Kopf schüttelt und im Bewusstsein, viel zu spät und mit eindeutigen Ausdünstungen ins Büro zu kommen, einen rosa Zettel zur Hand nimmt und, den Tatsachen resignierend ins Auge blickend, darauf notiert: „Arbeiten - 7“.

Qualen

Am 19. Oktober findet im Café Schmid Hansl die Lesung "Eier, Butter, Bier - Texte zu Einkaufslisten unbekannter Provenienz" statt.

Wie Gallerte sinkt er jeden Abend in den Ohrensessel, trommelt auf seinen Ranzen und labt sich an kühlen Bieren. Nach den Spätnachrichten rollt er sich mit letzter Kraft ins Bett und raubt mit seinem inbrünstigen Schnarchen, Schnauben, Schnalzen und Schnaufen der Gattin den Schlaf. Der Hosenlatz ist seit Jahren versiegelt, gesprochen wird nur noch in Unmut bekundenden Einsilbern und Geld bringt der Sack in letzter Zeit auch keines mehr ins Haus.

Wir sind uns einig: Der Mann gehört bestraft! Also beschließt die Frau, ihn zu quälen.

Unzählige Qualen fielen uns ein, die er sich verdient hätte, denn Frauen soll man lieben und ehren / beknieen und begehren / küssen und liebkosen / ihr Pralinés und Rosen / schenken, sie bedenken / mit Güte, Herz und Milde / und sie sowohl auf wilde / und zarte Art berühren / und meisterhaft verführen.

marc carnal

Doch er macht keine Anstalten, zu fest meint er den Anker im doch so spröden Boden des Ehehafens gelegt zu haben. Gequält gehört dieser Mann, dass ihm Hören und Sehen vergeht!

Doch wie?

Lange überlegt die Gepeinigte. Doch ihr sadistisches Talent ist nach Jahrzehnten der zähen Zweisamkeit verkümmert, und so notiert sie schließlich Fantasie-Begriffe auf einem Zettel und schickt den Mann damit einkaufen.

Rührende Idee. Aber da geht noch mehr.