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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

6. 8. 2011 - 11:01

Mörderisches Showgeschäft

Gerade zwei Wochen ist es her, seit die Nachricht vom Tode von Amy Winehouse eintraf. Auf der Suche nach der Moral von der Geschichte.

Inzwischen sind alle Nachrufe geschrieben, alle mehr oder weniger klugen Anmerkungen gemacht: musste sie so viel und ausdauernd Drogen nehmen, weil sie so erfolgreich war, oder war sie so erfolgreich, weil sie so viele Drogen genommen hat?

Nach all den langsam abebbenden Analysen des Toter-Popstar-Phänomens, des Klub 27, der Traurigkeit von Sängerinnen im Besonderen und dem mörderischen Showgeschäft im Allgemeinen, nach den üblichen Live- Fast-Die-Young-Platitüden kam dann letzten Samstag noch eine andere Todesnachricht: Bernd Clüver ist mit 63 gestorben, ist eine Treppe auf seinem Anwesen in Mallorca hinabgestürzt, womit sich wieder einmal das alte Sprichwort "Die meisten Unfälle passieren im Haushalt" bewahrheitet hat.

bernd cluever

bernd cluever

Seinen Riesen- Hit Der Junge mit der Mundharmonika und Otto Waalkes Coverversion "Der Junge mit dem Hund von Monika" kennen heute nur noch die Älteren.

Vielen Schlagerstars der Siebziger Jahre war kein langes Leben beschieden, sie zerbrachen am Ruhm und starben unter tragischen Umständen. Nach dem Tod Bernd Clüvers widmete die Bild Zeitung den Toten zwei Doppelseiten und titelte: "Der Fluch der Schlagerstars". Die Theorie der Bild-Psychologen: Die Hitparaden-Stars der Siebziger hatten nur einen großen Hit, der für sie Fluch und Segen war. Sie mussten ihr Schicksalslied bis zum Ende ihrer Tage immer wieder singen, daran zerbrachen sie.

Roy Black starb, wie man weiß, mit 48 an Suff und Depression. Er wollte so gerne wie sein Idol Roy Orbison sein, und trotz Millionen verkaufter Platten hasste er den deutschen Schlager.

Drafi Deutschers "Marmor Stein und Eisen bricht“ war ein Jahrhunderthit, der den Neunzehnjährigen berühmt machte. Er wurde trotz der gängigen Alkohol- und Drogenexzesse immerhin 60 Jahre alt. Drei Jahre älter wurde Rex Gildo, bekannt durch "Fiesta Mexicana" und den unvergessenen Schlachtruf "Hossa! Hossa! Hossa!"

roy black

roy black

Auch die Schlagersängerin Alexandra, ihr größter Hit war der "Zigeunerjunge", verabscheute angeblich ihre Songs zutiefst. 1969 starb sie bei einem Verkehrsunfall.

Tony Holiday ("Tanze Samba mit mir") wurde nur 38, in seinem Fall geht das Hetzblatt "Bild" davon aus, dass er daran zerbrach, dass er seine Homosexualität nicht offen ausleben durfte.

Was kann man aus diesen traurigen Geschichten lernen? Trotz Einsamkeit, Depression und Alkohol erreicht der deutsche Schlagerstar ein höheres Alter als der Rock- und Popstar und Bluesmusiker aus dem angloamerikanischen Raum.

Die Suche nach dem gefährlichsten musikalischen Genre führt in die ominöse, dunkle Welt der Volksmusik. Wer weiß schon, was für gefährliche Pillen der überagile Florian Silbereisen sich vor seinen Shows einwirft ? Und wie lange schon dopt sich Hansi Hinterseer mit MDMA? Sind die stets benommen wirkenden Wildecker Herzbuben auf Liquid Ecstasy oder längst im Methadonprogramm gelandet?

Hier erwarten uns noch böse Überraschungen!