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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

20. 7. 2011 - 16:44

News of the Austria

Der Abhörskandal erschüttert Großbritannien. Die aktuelle Falter-Coverstory beschäftigt sich mit der Situation in Österreich. Chefredakteur Armin Thurnher war Gast im FM4 Studio.

Dem britischen (Boulevard)medientycoon Rupert Murdoch geht es gerade ziemlich an den Kragen: News of the World ist eingestellt, andere Zeitungen des Medienoligarchen stehen unter massivem öffentlichem Druck, der geplante Kauf des TV-Senders BSkyB ist gescheitert. Eine Rasierschaumtorte, die er während der parlamentarischen Anfrage abbekommen hat, ist da noch harmlos.

Telefone anzapfen stimmt ja nicht, weiß Erich Möchel

In der österreichischen Wochenzeitung Falter greift Chefredakteur und Miteigentümer Armin Thurnher die Causa auf und legt sie auf Österreich um. Das hinkt insofern, als dass hier keine Telefone angezapft worden sind und auch Privatdetektive nicht systematisch hinter PolitikerInnen, Promis und Verbrechensopfern und ihren Angehörigen herschnüffeln - zumindest ist davon nichts bekannt. Aber es ist insofern wichtig, weil die Falter-Politikredaktion PolitikerInnen und JournalistInnen zur Praxis in Österreichs Medien befragt hat. Die anonymisierten Aussagen sind skandalös:

"Eine Zeitlang durfte ein bestimmter Parteichef bei uns nicht vorkommen. Er hatte in einer anderen Boulevardzeitung große Inserate geschaltet, in unserer Zeitung aber nicht. Daraufhin durfte sein Name in keinem Artikel auftauchen. Das sind die Erziehungsmaßnahmen, damit die Politik eifrig Inserate zahlt", wird etwa ein Jungjournalist zitiert und eine Nationalratsabgeordnete sagt: "Ein Verleger hat einmal einem Politiker von uns eine Seite seines Magazins mit einer Negativgeschichte über unsere Partei gezeigt, die erscheinen sollte. Dazu hat er gesagt: "Hier könnte aber auch ein Inserat von euch stehen." Das Inserat stand dann in der nächsten Ausgabe auch da."

Weitere Infos:

Für intensiv mit Medien Beschäftigte sind diese Aussagen nur in ihrer Intensität etwas Neues. Dass Anzeigenabteilung und Redaktion oft gerne und eng zusammenarbeiten hat fast schon Tradition. Legendär ist etwa die Weihnachtsausgabe eines österreichischen "Wirtschaftsmagazins", in der verlässlich jedes Jahr zunächst eine ganzseitige Werbung und auf der folgenden Seite ein freundliches Interview mit einem Manager des selben Unternehmens gedruckt ist. Dass PolitikerInnen und Parteien über Anzeigen erpresst werden, ist dann doch etwas, das man so noch nicht gehört hat - auch wenn die Zeugen anonym bleiben.

Im heutigen Cafe Puls - dem zwischen dahinplätschernder Harmlosigkeit, dumpfem Trash und seichten Nachrichten angesiedelten Frühstücksfernsehen von Puls4 - war Richard Schmitt von der Krone für eine "Presseschau" zu Gast. Und er hatte tatsächlich die Chuzpe, über den Falter-Artikel zu sprechen: "Da sollte sich der Herr Thurnher einmal überlegen, was er schreibt, weil wir Journalisten ja oft einmal zum Masochismus neigen und uns selber und unseren Ruf beschmutzen, aber das geht einfach zu weit." Der wohl am strengsten zwischen Anzeigen und Journalismus trennenden Zeitungsredaktion des Landes hier quasi Selbstkritik vorzuwerfen, ist frech - vor allem wenn das von einem jener Medien kommt, die sich des kritisierten Verhaltens bedienen.
Cafe-Puls-Moderator Andreas Seidl sieht das aber naturgemäß ähnlich: "Dann tumma die Zeitung gleich wieder weg."

Der Chefredakteur des Falters, Armin Thurnher, war heute Gast im FM4 Studio, das Interview gibt es hier zum Nachhören:

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