Erstellt am: 9. 7. 2011 - 14:53 Uhr
Berlins neuer Schandklops
Eigentlich ist es zu früh für das Sommerloch, denn noch ist ja einiges geboten in Berlin, einiges Überflüssiges und Unnötiges, zum Beispiel die unglückselige Fashionweek. Man hat ja das quälende Gefühl sie findet alle zwei Monate in Berlin statt, dabei kommt sie nur im Januar und im Juli wie eine biblische Plage über die Stadt. Im Juli heißt die Modewoche „Mercedes .Benz Fashionweek“ und verunstaltet die Straßen und Clubs mit ihren blöden Events und Nebenevents. Aber auch das WM- Fieber steigt seit dem spannenden Spiel Deutschland-Frankreich immer mehr an. Und trotz dieser Aktivitäten gibt es schon ein Sommerloch-Thema, ein neues Ärgernis, ein Schandfleck auf 25 mal 30 Metern: Die so genannte Humboldt Box am Schlossplatz.

Christiane Rösinger
Der Schlossplatz, in der Mitte Berlins, auf dem früher, wie der Name schon vermuten lässt, das Berliner Stadtschloss stand, dessen Ruine die Kommunisten nach dem Krieg gesprengt haben, dieser Schlossplatz ist ein hoch umkämpfter Platz in Berlin. Der zu DDR-Zeiten dort errichtete Palast der Republik wurde nach der Wiedervereinigung wegen Asbestverseuchung und Siegerjustiz abgerissen, und nun soll auf diesem wüsten leeren Platz das alte Schloss wieder aufgebaut werden, als ein Projekt alter Männer aus West-Deutschland, mit dem keiner in Berlin was anfangen kann. Einstweilen hat man auf dieser riesigen Baustelle eine Box errichtet. Und dieses Ding besticht selbst in dem mit Hässlichkeit reich gesegneten Berlin durch eine nie zuvor gesehene groteske Plumpheit. Wie eine scheußliche Schachtel in Silber-Lila liegt es zwischen den alten Gebäuden, ein hässlicher Klops, ein Monstrum das wahrscheinlich irgendwie futuristisch wirken soll aber eher an ein überdimensionales Spielzeug aus der Lego-Reihe Star Wars oder an ein mit türkisfarbener Folie verkleidetes Riesenrad erinnert. Der asymmetrische Schand-Klops liegt überflüssig wie ein Kropf, als Klotz in der historischen Mitte und versperrt sämtliche Sichtachsen der Prachtstraße „Unter den Linden“. Dafür schämen sich die Berliner natürlich, obwohl sie nix dafür können.

Christiane Rösinger
In den oberen Etagen präsentieren die künftigen Schlossnutzer, die Museen und Bibliotheken, ihre Konzepte und stellen spannende Exponate wie getrocknete Frösche aus, informieren die Besucher über "Made in China. Porzellan für die Welt" und stellen Masken aus der Südsee aus, die man in in guten alten Kolonialzeiten, bei Eingeborenen eingesammelt hat.
Die Aussicht auf das Bauloch lässt sich von der 21 Meter hohen Terrasse aus genießen und wer völlig verblödet ist, kann auch einen Veranstaltungsraum in der vierten Etage als "Location" für private Feiern wie Hochzeiten, aber auch für Firmenveranstaltungen mieten.
Das statische Monster bleibt bis mindestens 2018 da stehen, falls es nicht vorher eine barmherzige Seele wegsprengt. Einen Trost hat die Berlinerin aber: Sie kann der historischen Mitte die nächsten acht Jahre einfach fern bleiben.