Erstellt am: 6. 6. 2011 - 10:45 Uhr
Death Cab For Cutie
Eine einmalige "erstmals in der Geschichte der Musikvideos" Wikipedia Fußnote ist ihnen schon sicher, dieser amerikanischen Vorzeige-Indierock-Band namens Death Cab For Cutie: für die erste Single aus ihrem siebenten Studioalbum hat das Quartett ein One Take Video gedreht, das in seiner Darbietung ein wenig komplexer blinkt als Nick Cave´s und PJ Harvey´s "Henry Lee" und deswegen auch noch nicht genug: zeitgleich haben Death Cab For Cutie das Video gleich premierenmäßig im Netz ausgestrahlt. Also ein Livevideo quasi. Ein geglückter Versuch das Augenmerk der wartenden Fanschar und solcher die es noch werden könnten auf eine sterbende Kunstform und die eigene Unfehlbarkeit in der Darbietung zu lenken. Oder davon abzulenken, dass "You Are A Tourist" eigentlich ein ziemlich langweiliger Song ist, der in seiner One Love/One Riff-Bescheidenheit die Kraft der Bilder braucht, um sich im Gehörgang niederzusetzen. Aber don´t be alarmed, das ist nur meine First Come First Serve-Analyse. Was sind schon "singles".

Autumn de Wilde
Apropos Indierock: Das Wort selbst eine Umwerf-Keule die schneller ausschlägt als ein Metronom. Wie geht´s dir so damit? Das würde ich Colin Meloy von den Decemberists fragen, wenn ich ihn auf den Strassen Portlands mit Ben Gibbard von Death Cab For Cutie verwechseln würde. Nach Zoey Deschanel, seiner Ehefrau würde ich trotz guter Erziehung nicht fragen. Noch mal Glück gehabt also.
In der Abteilung Bands, die die 00er Jahre besoundtrackt haben, sind Death Cab For Cutie neben Modest Mouse und den Shins gut aufgehoben.
Modest Mouse sind gerade mit Big Boi von Outkast (!) im Studio um das Nachfolgealbum zu "We Were Dead Before The Ship Even Sank" zu schreiben. James Mercer hat neben Kündigungsschreiben an zwei Bandmitglieder, verlautbaren lassen, es wird die Shins nach den Broken Bells-Ausflügen auch wieder geben. Livetermine auf amerikanischen Bühnen sind als Sommerprojekt vorgesehen. Death Cab For Cutie waren in ihrer 14jährigen Bandgeschichte stets streberhafter als die oben erwähnten: für alle zwei Jahre ein Album zum Mitnehmen. Brav. Zwischen "Narrow Stairs" und dem neuen "Codes And Keys" wird eine EP dazwischengeschoben oder der Titelsong zum "New Moon" Teil der "Twiglight Saga" veröffentlicht. Ein Song allerdings so verblassend wie die Haut des Edward mit den traurigen Augen.
Erwartungen an Codes and Keys also gleich null. Death Cab For Cutie sind so sicher wie eine Bank und die dazugehörige Verbrecherbande, die durch die Auslage in Richtung Safe starrt oder: Eine Band, die den long tail hinaufwandernd gute Melodien streut und auf universelle Themen wie innere Befindlichkeit setzt. Das geht im Indierock immer.

Atlantic Records
Mehr über "Codes & Keys" erzähle ich Esther Csapo heute 6.6. in FM4 Connected.
Gut haben sie das gemacht die Death Cab For Cuties. Ein Erwachsenenalbum abgeliefert. Im Titelstück "Codes And Keys" wird bestätigt: "we are one. we are alive!" Die zehn anderen Songs sind weniger Gitarreninfiziert als man es von der Band mit Chris Walla dem Haus-und-Hof-Produzenten gewohnt ist. Die besten Momente sind die, wo das Schlagzeug eine tragendere Rolle einnimmt als der entflammende Akkordteppich und Gibbard´s entlanggezogene Stimme. Vergleiche "Unobstructed Views" mit "Portable Television". Das Beste wird natürlich bis zum Schluss aufgehoben: mit "Stay Young, Go Dancing" fällt der dünne One Love/One Riff-Sound ins positive Gewicht. Alles andere ein Tropfen auf die heißen Steine im Musikzoo.
Wenn es regnet, zück ich für die Band keinen Regenschirm. Dafür sind sie ein wenig zu brav und einfältig. Was verlangen sie von mir, dem Hörer, der Hörerin? Sich still verhalten? Na sicher nicht. Deswegen kriegt dieses Album einen Stern für Ausdauer und einen für rechtzeitige Abgabe.
Aber nur weil man fleißig den Wanderweg der angenehmen Akkordfolgen besteigt, heißt das noch lange nicht, dass man am Berg die gute Aussicht zu sehen bekommt, lieber Gibbard & Co.
Es tröpfelt halt. Vielleicht ein "grower"?