Erstellt am: 30. 5. 2011 - 22:00 Uhr
Strömender Regen, strömende Raps
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Thomas Unterberger /
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Die größte Tücke der Freiluftmusik ist die freie Luft - und ihre Launen. Diese alte Festivalweisheit mussten letzten Freitag auch die Organisatoren und Besucher bei der dritten Ausgabe von am strom am eigenen Leib erfahren. Wegen üblem Wettersturz mussten die Bands ab ca. 20 Uhr von der schönen Open Air Bühne nach innen übersiedeln, wo neben Raumnot auch technische Probleme auf der Bühne die Freude anfangs etwas trübten.

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Nachdem man sich aber mit der Situation arrangiert und einen geeigneten Standplatz gefunden hatte (in meinem Fall im Freien vor einem Fenster gleich neben der Bühne), begann das Ganze wieder Spaß zu machen. Denn die Shows waren vom Feinsten: Def Ill aus Linz brach sich fast die Zunge, am strom-Mitinitiator Kamp stellte mit dem Darmstädter MC Mädness gemeinsame neue Tracks vor, der Rap-Poet Aphroe gab ebenfalls frische Einblicke in kommende Schmankerl aus dem Ruhrpott...

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...und dann kamen Retrogott & Hulk Hodn.
Sie führten anschaulich vor, was eine Rap-Show im Bestfall sein kann: Ein nicht endend wollender Schwall rhythmisch virtuos gesetzter Worte, die noch dazu brilliante Beobachtungen und scharfsinnige Punlichlines ergeben - kombiniert mit Beats, die Jazz mit Rufzeichen schreiben, und unterbrochen von extrem pointierten Zwischenansagen. Draußen tropfte der Regen, drinnen der Schweiß von der Decke.

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Am Samstag konnte das Greifensteiner Festivalgelände seinen Open Air-Charme zum Glück doch noch entfalten. So begeisterten Ghemon, Frank Siciliano & Mistaman mit souligen italienischen Raps und die Mundartrapper perVers brachten das Publikum mit Wiener Schmäh zum "Paaty"-Machen, bevor der Leipziger Morlockk Dilemma seine maschinengewehrgleichen Reimsalven zu Themen wie dem Circus Maximus, dem Galgenberg oder seinem Geburtstag am 11. September losließ.

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Danach folgte ein für langährige Beobachter des österreichischen Rap denkwürdiger Moment: Der Linzer Kayo, ein grandioser Metaphernschleuderer, den man in den letzten Jahren vor allem als Teil verschiedener Supergroups gekannt hatte, präsentierte endlich sein Solo-Debüt Des sogt eigentlich ois. Mehr zum Album demnächst auf diesen Seiten, nur soviel: Es war wirklich schön zu sehen, wie ein eigentlich zurückhaltender Typ wie Kayo seine innere Rampensau entdeckt - das Publikum reagierte dementsprechend euphorisch.

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Der Berliner Prinz Pi kontrastierte dann ruhigere Momente mit elektronischen Mithüpfbeats und schaffte es so, den zunehmend abkühlenden Abendtemperaturen mit Bewegungstherapie entgegenzuwirken. Dass bei der Afterparty zu den Dubstep-Wobbles von Wisdom und Dublic Enemy auch heftig Körperteile geschüttelt wurden, war dann ein schönes Signal dafür, dass die alte Mär von den ach so engstirnigen HipHop-Fans scheinbar auch endgültig überholt ist - zum Glück!

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Als einziger kleiner Wermutstropfen blieb am Ende von zwei wunderschönen Abenden die Vorstellung, wie gut der Freitag erst unter freiem Himmel gewesen wäre. Aber abseits des Hättiwari darf man sich ruhigen Gewissens jetzt schon wieder aufs nächste Jahr im Strombauamt freuen. Danke, am strom!

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