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Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

29. 4. 2011 - 16:36

Der staatenlose Stählerne

Superman will nicht mehr Amerikaner sein - wo soll er jetzt hin?

Superman ist kein Amerikaner mehr

cover con superman comic

dc direct

Pünktlich zum Fremdenrecht: In der neuesten Ausgabe von "Action Comics" hat der berühmteste "Fremde" der Welt, Superman, angekündigt, seine US Staatsbürgerschaft zurückzulegen und nunmehr "Weltbürger" sein zu wollen. Er sei es leid, dass seine Aktionen stets als Instrumente der Politik der USA missverstanden würden: "Truth, justice and the American way - it's not enough anymore", so der Außerirdische, "The world's too small, too connected". Der Mann aus Stahl hatte sich zu diesem Schritt entschlossen, nachdem ihm von US Behörden vorgeworfen worden war, bei einer Demonstration in Teheran durch seine Präsenz internationale Verstimmung hervorgerufen zu haben. Superman eklärte dem ihn verhörenden nationalen Sicherheitsberater, er wäre während den Protesten in Teheran die ganze Zeit regungslos inmitten der DemonstrantInnen gestanden, um ihnen zu versichern, dass sie "nicht allein" seien. In der von David S. Goyer und Miguel Sepulveda verfassten Geschichte wird er dennoch von der Iranischen Regierung als Marionette der US Regierung bezeichnet. (Quelle: Reuters)

Jetzt reicht es ihm und er legt also seine Staatsbürgerschaft zurück. Superman ist im Übrigen nicht der Erste: in den 70er Jahren hatte Marvel's Captain America aus Protest gegen den Watergate Skandal seine Uniform zurück- und seinen Schild niedergelegt um fortan den Status "Nomade" anzunehmen.

superman fliegt

Flickr Von Ŕooners

Wohin nun?

Das wirft natürlich einige Fragen auf. Denn so einfach ist das mit dem Weltbürger Dasein nicht: Nach internationalem Recht gilt Superman offiziell als staatenlos. Laut der Genfer Flüchtlingkonvention ist die Einbürgerung von Staatenlosen zu erleichtern, was etwa – wenn wir annehmen, dass Superman Deutscher werden würde - im Falle von Deutschland wie folgt gehandhabt wird: "Nach sechs Jahren dauernden Aufenthalts in Deutschland kann z.B. mit der Vorlage des Reiseausweises für Staatenlose eingebürgert werden, wenn ausreichende deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen werden [was für Superman, der nur Englisch und Kryptonisch spricht, schwierig sein dürfte, Anm.] die mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gewährleistete freiheitliche demokratische Grundordnung anerkannt wird und sichergestellt ist, dass der Lebensunterhalt für den Antragsteller und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bestritten werden kann" (Wikipedia) - was wiederum bei der einzigen Ausbildung, die Superman, absolviert hat, nicht ganz einfach sein dürfte, schließlich werden englischsprachige Fernsehnachrichtensprecher in Deutschland nicht unbedingt als Schlüsselarbeitskräfte behandelt.

superman holzfigur kaputt vor einem geschaeft

katherine johnson

Katherine Johnson aka Kath flickr.com/photos/aka_kath

Unabhängig vom Zustand als Staatenloser sähe sich Superman noch mit einigen anderen Hürden konfrontiert: In Ländern mit "Jus Sanguis" – das Prinzip, nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an Kinder verleiht, deren Eltern oder mindestens ein Elternteil selbst Staatsbürger dieses Staates sind - kann der Stählerne, dessen Eltern beide tot und dazu noch von einem anderen Planeten sind, ebensowenig auf Staatsbürgeschaft hoffen, wie in solchen mit "Jus Solis" - das Prinzip, nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an alle Kinder verleiht, die auf seinem Staatsgebiet geboren werden. In den meisten Ländern ist eine Kombination aus beidem Gesetz - wieder nichts.
An Familienzusammenführung oder das Rückkehrgesetz ist ebensowenig zu denken. Und wenn schon afrikanische oder tschetschenische Asylanten mit einem gewissen Misstrauen - manche Unverbesserliche nennen es gar Rassismus - konfrontiert sind, wie soll es dann erst einem Findelkind vom Planeten Krypton ergehen?

Österreich?

superman steht an einem gitterfenster

eddie chang

Also ab nach Österreich. Da Superman sich ohne Genehmigung auf dem Luftweg ins Land bewegt, entzieht er sich den Kontrollen der grenznahen Organe willentlich, was wohl einer Einreise gleichkommt, die von einer Schlepperbande organisiert wurde. Bei der ersten Einvernahme kann man sich die ungläubigen Gesichter der Exekutivorgane - bis hinauf zum Integrationsstaatssekretär - leicht vorstellen: Der Asylant behauptet, er sei auf einem fernen, mittlerweile durch eine Nuklearkatastrophe(!) zerstörten Planeten aufgewachsen, was eine Einlieferung in eine Anstalt erfordern würde, von den NGOs jedoch wieder als Fluchttrauma ausgelegt werden wird. Seine Beteuerung er sei unter einer "roten Sonne" aufgewachsen, deutet auf frühe Radikalisierung hin und könnte vermehrt den Staatsschutz interessieren. Der Asylant behauptet überdies sich schon einmal mit Österreich (damals Deutschland) im Krieg befunden zu haben. Der Asylant verfügt über keinerlei Besitz, der als Pfand für seinen vorläufigen Aufenthalt in Österreich hinterlegt werden könnte - obwohl er behauptet, er verfüge über ein beträchtliches Immobilienvermögen in Form einer riesigen Festung, die nach erneuter Befragung sich aber als in der Antarktis gelegen herausstellte.

Arbeitsgenehmigung für Superman?

Der Antrag auf eine Rot Weiß Rot Card stellt sich aus verschiedenen Gründen als erschwert heraus: Er hat zwar in seiner alten Heimat die Oberstufe des dortigen Gymnasiums besucht, verfügt aber über keinerlei Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Er hat den Beruf des Journalisten ausgeübt, war aber hauptsächlich als Nachrichtensprecher im Studio beschäftigt. Die Berufsausbildung dürfte keine Chance auf Anerkennung durch die Österreichischen Behörden haben.

Er verfügt über keinerlei Erfahrung in den von der Republik Österreich benötigten Schlüsselsektoren Ingenieurwesen, Altenpflege, Krankenpflege, gehobenes Management oder Medizin (außer vielleicht als Röntgenapparat). Auch seine Teamfähigkeit in Fragen des Krisenmanagements lässt zu wünschen übrig. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Körperkraft ließe er sich im Straßen- oder Brückenbau einsetzen, hier ist aber die Gefährdung des Innerösterreichischen Bauwesens durch übermächtige Konkurrenz zu befürchten und die protektionistischen Gepflogenheiten dieser Branche legen einen ablehnenden Bescheid nahe.

Letzter Ausweg

Womöglich bleibt unserem Stählernen nur ein Ausweg, ein alter Supermantrick: Er nimmt ein Stück Steinkohle in die linke Hand, spannt seine Muskeln an und zerdrückt die Kohle zu einem großkalibrigen Diamanten, dessen Gegenwert sich bei einem Kurzbesuch in Liechtenstein leicht in ein veritables Vermögen umwandeln lässt. Denn kaufen kann man die Staatsbürgerschaft - nicht nur in Kärnten - wohl immer noch am einfachsten.