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Anna Masoner

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Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

22. 3. 2011 - 18:26

Was (Handy)Daten verraten

Aus Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung gibt ein deutscher Politiker freiwillig Einblick in seine Telekommunikationsdaten.

Eine CD mit 35.000 Datensätzen holt Grünen-Politiker Malte Spitz vor einem Jahr aus seinem Briefkasten. Die Daten stammen von seinem Mobilfunk Betreiber T-Mobile. Malte Spitz hatte das Unternehmen auf Herausgabe seiner Daten geklagt und gewonnen.

Malte Spitz

Günter Hack

Malte Spitz

Nun kann jeder im Netz auf einer interaktiven Karte mitverfolgen, wo sich der Politiker aufgehalten hat, wann und wie lange er telefoniert hat, wieviele SMS er geschrieben hat oder wie lange er im Netz gesurft hat und bekommt dadurch einen gruselig genauen Einblick in sein Leben.

Mit seiner Aktion will Spitz auf die Problematik der Vorratsdatenspeicherung aufmerksam machen. „Viele Menschen setzen sich jetzt wieder seit längerem mit dem Thema der Vorratsdatenspeicherung auseinander und können nun besser verstehen, was mit den Daten machbar ist.“

Vorwurf Generalverdacht

In Österreich kämpfen derzeit die Grünen gegen die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die unmittelbar bevorsteht. Die EU hat 2006 beschlossen, dass Mobilfunk- und Internetbetreiber in ganz Europa sogenannte Standortdaten zwischen sechs Monaten und zwei Jahren speichern müssen. Die Speicherung der Daten soll der Justiz helfen, schwere Straftaten aufzuklären. Für Kritiker der Vorratsdatensammelwut wie Spitz handelt es sich um Präventivüberwachung. „Jeder wird grundsätzlich überwacht, ohne dass er sich etwas zu Schulden kommen hat lassen.“

Für Datenschützer verletzen die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung ganz eindeutig die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Zur Aufklärung von Verbrechen, was ja eigentlich das Hauptargument für die Sammlung ist, eigne sich die präventive Speicherung der Daten kaum, weil Kriminelle der Überwachung leicht entgehen könnten, indem sie etwa ein anonymes Wertkartenhandy verwenden. Die Verbrechensaufklärungsrate habe sich in Ländern, die die Vorratsdatenspeicherung betreiben, nicht erhöht, sagt Spitz.

Technische Fehlerquellen

Das Problem betrifft nicht nur die Datenspeicherung, sondern auch die Tatsache, dass man als BürgerIn keine Kontrolle über die Daten hat, meint Malte Spitz: „Man weiß de facto nicht, welche Daten die Mobilfunkbetreiber haben.“ Dadurch gibt es keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Datenspeicherung überhaupt funktioniert oder ob sich falsche Datensätze in die Datenbank eingeschlichen haben. Der Umgang mit der EU-Richtlinie variiert übrigens von Land zu Land.

In Deutschland wurde die Vorratsdatenspeicherung vom deutschen Bundesverfassungsgericht vor einem Jahr für verfassungswidrig erklärt. In Schweden widersetzte sich das Justizministerium eine Gesetzesvorlage einzubringen.