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Simon Welebil

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29. 1. 2011 - 19:30

Österreich ist Mittelmaß

Die österreichische Performance bei der Universellen Menschenrechtsprüfung war formal gut, inhaltlich nur mittelmäßig. Für einen Sitz im Menschenrechtsrat sind Reformen erwünscht.

Seit 2008 führt die UNO die Universelle Menschenrechtsprüfung (UPR - Universal Periodic Review) durch, bei der die Einhaltung aller Menschenrechte in allen UN-Mitgliedsstaaten kontrolliert wird. Österreich, das sich auf internationalem Parkett immer für Menschenrechte stark macht, war am 26. Jänner zum ersten Mal auf dem Menschenrechtsprüfstand.

Hintergründe zur UPR sind hier zu finden

Die UPR ist eine "Peer Review", die UN-Staaten überprüfen sich gegenseitig. Im Vorfeld der Prüfung wurden vom UN-Hochkommisariat für Menschenrechte, der österreichischen Bundesregierung und von anderen "zuverlässigen Diskursteilnehmern" wie NGOs Berichte zur Lage der Menschenrechte in Österreich erstellt und den 192 UN-Mitgliedern übergeben.

Am Bericht der österreichischen Bundesregierung gab es allerdings schon im Vorfeld der UPR Kritik von Seiten der NGOs. Sie meinten, er sei zu wenig selbstkritisch ausgefallen. Gröbere Defizite wären nur bei der Chancengleichheit der Geschlechter zugegeben worden. Und auch hier sei der Wille zur Veränderung nur schwach ausgeprägt, wenn an der vordersten Front der 23 Personen umfassenden österreichischen Delegation vier Männer sitzten, wie Marianne Schulze von der Initiative Menschenrechte jetzt feststellt.

Die österreichische Performance

In einer dreistündigen Sitzung hatten 54 Staaten, von Algerien, Brasilien und China bis zu Norwegen und Schweden oder der Schweiz, Fragen an die österreichische Delegation unter Außenminister Michael Spindelegger und gaben insgesamt 161 Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation ab.

Auf der formellen Ebene habe sich Österreich ganz passabel geschlagen, meint Marianne Schulze, auf der inhaltlichen Ebene sei Österreich aber nur Durchschnitt und definitiv kein Musterschüler im Bereich der Menschenrechte. Vor allem die fehlende Selbstkritik sei dafür verantwortlich, aber auch bei der Umsetzung früherer Empfehlungen von UN-Gremien im Bereich Frauenrechte, Kinderrechte und Antirassismus hinke Österreich nach. Dass man bei Kritik, die schon lange bekannt ist, so tue als wäre sie neu oder gar einen abwehrenden Standpunkt einnähme produziere kein gutes Bild von Österreich.

Marianne Schulze im FM4 Studio hinter Mikrophon und Bildschirm

FM4

Marianne Schulze im FM4-Studio

Von mehreren Staaten wurde die Verhetzung und das rassistische Klima in Österreich kritisiert, nicht nur im politischen Diskurs, sondern auch in der Medienlandschaft. Zudem war das unterschiedliche Schutzniveau vor Diskriminierung Thema, und die Lücke zwischen Österreichs Inanspruchnahme einer Vorreiterrolle bei Menschenrechtsfragen und der gesellschaftlichen Realität. Konkret wurde dazu auf die Behauptung Österreichs hingewiesen, die Kinderrechtskonvention umgesetzt zu haben, obwohl nur Teile davon Eingang in die österreichische Verfassung gefunden haben.

Weiters wurden Polizeigewalt und der Umgang mit ihr thematisiert (bei über 1000 Anzeigen polizeilicher Gewalt kam es nur bei 10 zu Verurteilungen), ebenso wie das Fehlen einer nationalen Menschenrechtsinstitution (hierzu müsste die österreichische Volksanwaltschaft aufgewertet werden).

Vorschläge der Internationalen Gemeinschaft

Außenminister Spindelegger bedankte sich am Ende der Sitzung für die vielen konstruktiven Fragen und Empfehlungen und gab an, viele davon umzusetzen. Bis gestern hat die österreichische Regierung 97 Forderungen akzeptiert, für 54 mehr Bedenkzeit erbeten und zehn Forderungen abgelehnt. Die abgelehnten Fragen betrafen vor allem den Beitritt zur Wanderarbeiterkonvention und ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare.

Alle Forderungen, ob angenommen oder abgelehnt gibt es hier nachzulesen

Ob die Volksanwaltschaft aufgewertet und ob Österreich Statistiken zur Polizeigewalt einführen wird, bleibt bis zur offiziellen Beschlussfassung im Sommer offen.

Angenommen hat Österreich den Vorschlag gegen Diskriminierung vorzugehen, den Zusatz zum Anti-Folter-Protokoll zu unterzeichnen, wie es ja auch schon im Regierungsprogramm steht und die Bundesregierung will auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs zum Ortstafelstreit in Kärnten umsetzen. Auch ein nationaler Aktionsplan zur besseren Integration von MigrantInnen soll vorgelegt werden.

Österreich solle sich auf jeden Fall beeilen, die Vorschläge der anderen UN-Staaten umzusetzen, meint Marianne Schulze, am besten noch vor dem nächsten Prüftermin in vier Jahren, vor allem aus außenpolitischer Perspektive. Österreich bewirbt sich nämlich um einen Sitz im Menschenrechtsrat der UNO, der im Mai gewählt wird. Und als Mitglied im Menschenrechtsrat sollte Österreich bei der Umsetzung der Vorschläge aus der UPR eine Musterschüler-Performance hinlegen.