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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

19. 1. 2011 - 11:17

#Grasserleaks

Nachdem sich die Facebook- und Twitter-Gemeinde am Wochenende über das Internet-Mem #Grassermovies, amüsiert hat, ging am Montag das Gelächter über den Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser und seine Freunde im Audimax der Uni Wien weiter.

Die Kabarettisten Robert Palfrader, Florian Scheuba und Thomas Maurer lasen aus den Telefonprotokollen, die im Laufe der Buwog-Ermittlungen aufgezeichnet und Mitte Dezember von der Stadtzeitung Falter veröffentlicht wurden. Dabei tauschte das Trio die lukrativen Rollen von Walter Meischberger, Karl Heinz Grasser und Ernst Karl Plech wie eine Wechselstube. Für die drei Fragezeichen gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Supersauber!

Supervision am Telefon, Absprachen über die Höhe und Herkunft der Provisionszahlungen treffen dabei auf banales und dümmliches Geschwätz eitler Gockel. Auch die blendende Pracht der Kristallwelten setzt sich aus Kristallgittern zusammen, deren Basis die primitive Elementarzelle bildet.

Zwischen Komödie und Tragödie schwankend, wird die Luft nicht nur angesichts der geschätzten tausend Menschen im Audimax immer dünner, so mancher Lacher erstickt im Hals. Bei der Rekapitulation der zu Beginn gehörten Telefongespräche durch die von Autor Walter Meischberger selbst als "Fiktion" abgetanen Tagebücher, treffen einen die Enthüllungen wie Magenboxer. Realität und Fiktion decken sich hier wie bei "Des Kaisers neue Kleider".

Supernackt!

Diese Pointe hat Robert Palfrader als Kaiser himself verspielt, wobei er das mit seinem tränenreichen Lachanfall beim Hochhalten eines NEWS-Covers wieder wettmachte. Florian Scheuba versenkte den "Wo woa mei Leistung"-Sager gekonnt mit Tiroler Akzent wie einen aufgelegten Elfer.

Dieses Tor des investigativen Journalismus könnte vom Publikumsandrang her auch in einem Stadion bejubelt werden, Rapid-Fan Florian Scheuba bevorzugt das Hanappi-Stadion in Hütteldorf. Doch die Vorlesung muss ihren universitären Rahmen wahren, denn nur in einer Lehrveranstaltung ist das Medienrecht aufgehoben, und nur dann ist das Vorlesen aus den Protokollen rechtlich möglich. Deswegen können auch die "nicht immunisierten Informationen", wie die Tagebuch-Einträge von Walter Meischberger oder die noch nicht veröffentlichten Telefongespräche vorgetragen werden. Darauf wies auch Heinz Mayer, der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien, hin, die gemeinsam mit dem Falter diese außergewöhnliche "Pflichtübung im österreichischen Real Verfassungsrecht" (OT Falter-Chefredakteur Florian Klenk) organisiert hat. Mayer betonte auch, dass die drei Gastprofessoren Maurer/Scheuba/Palfrader „nichts kassieren oder mitkassieren werden“, da für diese Vorlesung auch keine (Studien-)gebühren bezahlt werden.

Mit seinen einleitenden Worten zum Thema "Lohnt sich Rechtstreue heute noch?" waren Heinz Mayer die ersten Lacher sicher. Das Publikum amüsiert sich bestens in der Sardinendose Audimax, statt in Öl schwimmen die ZuhörerInnen im schmierigen Haargel der eitlen Scheitel. Shockwaves!

Seitenblicke wurden auf die ersten vier Sitzreihen rechts geworfen, dort saßen auf den reservierten Plätzen bekannte Medienmenschen wie Armin Turnher, Armin Wolf, Ioan Holender, Euke Frank, Josef Broukal,... sowie Grassers Anwalt Manfred Ainedter, den seine Neugierde ins Audimax geführt hat.

Superslick!

Auf die Frage, was er aus dieser Vorlesung mitnimmt antwortete er:

"Wie furchtbar es ist, wenn nicht-öffentliche Protokolle öffentlich gemacht werden zum Gaudium der Zuschauer. Das wünsche ich niemanden im Land, dass er selber einmal Betroffener solcher Aktionen wird. Es hat ja einen Sinn, warum Telefonüberwachungsprotokolle nicht öffentlich sein dürfen. Weil der Ton eben die Musik macht. Nicht nur was, sondern auch wie jemand etwas sagt, ist von Bedeutung. Einige Passagen sind von der Optik her fatal, das ist gar keine Frage."

Ist nicht nur die Optik fatal, sondern auch der Inhalt, der in den Tagebüchern von Walter Meischberger seine Bestätigung findet?

Ainedter: "Für meinen Klienten sicher nicht. Er ist 16 Stunden einvernommen worden, ich war dabei und da gab es nicht eine Frage zu diesen überwachten Telefonaten."

Warum nicht?

Ainedter: "Weil sie rechtlich nichts sind. Aus diesen Telefonaten ergibt sich kein wie immer gearteter Tatverdacht gegen meinen Mandanten. Daher ist dazu auch nichts gefragt worden."

Superheikel!

Aufgrund der großen Nachfrage wird die Vorlesung "Da bin ich jetzt supernackt!" Grassers Telefonprotokolle als Vorlesung - am 31. Jänner ab 21 Uhr im Audimax der Uni Wien wiederholt.

Dank gebührt den Veranstaltern: dem Falter und der juridischen Fakultät, sowie den drei Kabarettisten, die für den Vortrag dieser Realsatire mit Standing Ovations belohnt wurden.