Erstellt am: 28. 11. 2010 - 13:40 Uhr
"Seltsame Menschen"
Es ist ein bisschen ungemütlich in Berlin, der Winter ist eingebrochen, die Terrorwarnung hängt über der Stadt. Überall stehen Uniformierte mit Maschinenpistolen. Der herrenlose Koffer scheint das must have der Herbstsaison zu sein. Mehrmals täglich muss die Polizei ausrücken, weil ein herrenloser Koffer irgendwo rumsteht. An einem normalen Tag wird morgens in der City West ein Platz wegen dieses herrenlosen Koffers geräumt. Am Nachmittag sorgt dann eine Flasche Feuerzeugbenzin am Alexanderplatz für Alarm. Nachmittags wird eine Straße in Mitte gesperrt, weil im Foyer der Humboldt-Uni zur Abwechslung ein damenloser Rucksack beobachtet wurde. Abend gibt es gerne Alarm am U-Bahnhof Hermannplatz, auch wieder wegen des herrenlosen Koffers, da fällt dann auch die ganze U-Bahnlinie für mehrere Stunden aus. Weniger wurmt es den Berliner, dass die Reichstagkuppel geschlossen wurde, weil dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zu Folge im Februar Al Kaida den Reichstag stürmen und dort Geiseln nehmen will. Auch die Weihnachtsmärkte sollen im Visier der Terroristen liegen, was aber die Vorweihnachsstimmung nicht beeinflusst.

DPA - WOLFGANG KUMM
"Das wollen ja die Terroristen gerade", sagen die tapfer-besinnlichen Trinker am Glühweinstand den Kamerateams: "Das wollen die ja gerade, dass wir auf unseren schönen deutschen Weihnachtsmarkt verzichten!" Fragt man herum, kann sich keiner so recht einen echten Terroranschlag in Berlin vorstellen, weiß keiner, ob die Bedrohung wirklich echt ist. Aufmerksamkeit und Gelassenheit wird von den Berlinern dieser Tage gefordert. Der Innensenator wandte sich an die Bürger:
"Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich, und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet, was da los ist."

DPA - Peer Grimm
Der Senator wohnt selbst wohl eher in der Berliner Villengegend, denn in den Bezirken Schöneberg, Kreuzberg, Neukölln, Wedding und Tiergarten ist sein Ratschlag wenig praktikabel. Da müsste man ja ganze Straßenzüge melden!
Inzwischen ruderte der Innensenator zurück: "Es war ein möglicherweise unglücklich formuliertes Zitat", sagte er. Dass man die Polizei hole, wenn man neue Nachbarn sehe, "die in der Küche mit einem Maschinengewehr hantieren", habe aber nichts mit Denunziation zu tun, betonte er.

DPA ROBERT¦SCHLESINGER
Nun ist es bestimmt unglücklich wenn ein Minister, der sonst viel für die Integration tut, sich so ungenau äußert und ganze Bevölkerungsgruppen in Generalverdacht nimmt. Zum Glück haben die Berliner gelernt die Äußerungen ihrer politischen Führungskräfte nicht allzu ernst zu nehmen. Das "unglückliche Zitat" hat immerhin zu der Diskussion über "seltsame Menschen" geführt, von denen es ja wirklich viele in Berlin gibt.
Aber was ist in Berlin schon seltsam? Ist man in Berlin nicht eher seltsam, wenn man sich völlig normal benimmt? Was macht einen seltsamen Menschen in Berlin aus? fragen sich die Berliner jetzt in Blogs und Zeitungskommentaren.

DPA Peter Kneffel
Zu den ersten gemeldeten Verdächtigen gehören Wolfgang Thierse von der SPD (Taliban-Bart), Angela Merkel von der CDU (guckt so grimmig), Wolfgang Schäuble ebenfalls CDU (wirkt in letzter Zeit nervös und unbeherrscht) und Horst Seehofer von der bayrischen CSU (unverständliche Fremdsprache).