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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

27. 10. 2010 - 17:37

Kann Klimawandel Spaß machen?

Wenn sich ein Spiel mit einem moralisch und politisch so belastetem Thema wie dem Klimawandel befasst, muss das Vergnügen fast zwangsläufig darunter leiden.

packshot a new beginning

Daedalic Entertainment

A New Beginning - das neue Adventure von Daedalic Entertainment

Das Adventure "A New Beginning" wurde lange und freudig erwartet, da Spielehersteller Daedalic mit den letzten Spielen "Edna bricht aus" oder "The Whispered World" so beeindrucken konnte. Dass das neue Spiel nun um das Thema Klimawandel kreist, ist dabei ein Wermutstropfen. Grob geschätzt gehen nämlich neun von zehn Versuchen, ein Spiel mit einer moralischen Botschaft zu verbinden, schief.

Die Story

In der Zukunft ist die Erde, wie wir sie kennen, durch die Folgen des Klimawandels nahezu vollständig zerstört. Angesichts einer Sonneneruption, der das Magnetfeld des Planeten nicht mehr standhält, steht die Menschheit vor dem Aus. Die letzte Hoffnung ist eine Zeitreise in die Vergangenheit, die den Klimawandel aufhalten soll. Die Zeitreisende Fay sucht den Algenforscher Bent Svensson in der Vergangenheit (=unsere Gegenwart) auf, da seine Algen als alternative Energiequelle die Erde retten können.

Die Wurzel allen Übels ist Indez Industries, ein Atomenergie-Konzern. Eines von deren Kraftwerken wird in wenigen Tagen in die Luft gehen und somit den Klimagau lostreten. Um das zu verhindern, müssen Bent und Fay eine Umweltkonferenz in Oslo stürmen, rätselhafte Vorgänge auf einer Forschungsstation mitten im Meer untersuchen und schließlich in das Kraftwerk mitten im brasilianischen Dschungel eindringen, wo es zum Showdown kommt. Zwischendurch erfährt die Handlung immer wieder unerwartete Wendungen, die ich hier natürlich nicht spoilen werde.

screenshot a new beginning taj mahal

Daedalic Entertainment

Das Adventure beginnt mehr oder weniger leichtfüßig, wird aber im Spielverlauf immer dramatischer und düsterer. Dass das Adventure gänzlich im Pathos ersäuft, verhindern allerdings die durchaus humorvollen Dialoge und Rätsel.

Die Machart

Daedalic beeindruckt bei " A New Beginning" wie bei den Spielen "Edna bricht aus" oder "The Whispered World" mit handgezeichneten Umgebungen und Figuren.

screenshot a new beginning zwischensequenz

daedalic entertainment

Die Zwischensequenzen sind im Stil animierter Graphic Novels aufwendig gestaltet, allerdings leider oft langwierig. Die sprachliche Gestaltung ist umfangreich, die Synchronisation ist fast ausnahmslos besser als in den bisherigen Daedalic-Spielen. Auch die Aufgaben sind großteils gut gemacht und mit ein bisschen Tüfteln zu lösen. Nur manche Rätsel wirken etwas willkürlich. Damit man aber niemals im Spiel ansteht, hat man nach drei Minuten erfolglosen Ratens die Möglichkeit, das Rätsel zu überspringen. Das Erfolgserlebnis bleibt dann zwar aus, dafür kann man auf diese Art Zeit und Nerven sparen.

a new beginning san francisco

Daedalic Entertainment

Fay und die Zeitkapsel im zerstörten San Francisco

Die Keule

Immer wieder wird dem Spieler vor Augen gehalten, dass der Planet kaputt geht. Mit Bildern von einem Hochwasser in London, Tornados in Paris und Vulkanausbrüchen in Japan. Vulkanausbrüche werden zwar nach klassischer Lesart nicht unbedingt vom Klimawandel verursacht, passen aber scheinbar sehr gut in die srastische Handlung. Auch das Ausgangsszenario (eine Sonneneruption der das Erdmagnetfeld nicht mehr standhalten kann) ist ja diesbezüglich schon etwas an den Haaren herbeigezogen. Was hat das Erdmagnetfeld mit unserem Klima am Hut? Schuld an allem ist im Spiel jedenfalls die Atomenergie. Dieses simple Runterbrechen macht den Spagat zwischen Gaming und Moral nicht einfacher.

screenshot a new beginning

Daedalic Entertainment

"A New Beginning" ist ein schön gestaltetes, gut gemachtes Adventure, das beim Spielen viel Spaß machen kann. Nur hin und wieder wird einem die Umweltschutzpropaganda-Keule um die Ohren geschwungen, dass dieselbigen einem nur so flattern. Dann denkt man sich "Jo. Eh." und spielt weiter. Wäre soweit kein Problem, solange das Spiel eine gewisse Eigenständigkeit behält. Besonders gegen Ende merkt man allerdings, dass die Spielemacher nicht so frei in der Gestaltung sein konnten, wie in anderen Spielen mit fiktivem Setting. Die Story leidet unter dem pseudo-realistischen Kontext und der moralischen Bürde, die damit zusammenhängt.

Das kommende Daedealic Adventure "Deponia" spielt auf einem Müllplaneten. Dort können die Spielemacher hoffentlich endlich wieder frei atmen.