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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

8. 9. 2010 - 17:44

Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang

Die Belgier Mintzkov präsentieren ihr krautrockiges, sonnendurchflutetes Album "Rising Sun, Setting Sun" in Österreich.

Es ist schon das dritte Werk des Quintetts Mintzkov aus Antwerpen, einer Stadt die schon viele bekannte Künstlertöchter und Söhne hervorgebracht hat. Und wieder passiert mir mit diesem Album etwas, was mir in den letzten Tagen erfreulicher Weise öfters passiert: Es überrascht mich.

Nicht primär, weil Mintzkov das Indierad neu erfinden würden oder ihr Sound extrem eigenwillig ist. Vielmehr ist es das sich leise und heimlich einschleichende Gefühl hier einer unverbrauchten Band bei ihrer Entwicklung zuhören zu können. Selbst wenn "Rising Sun, Setting Sun" mit Höchstgeschwindigkeit schon ein weites Stück der musikalischen Findungsstraße entlanggeflitzt ist, wirken die Songs rau, erdig und scheinen auch den grundlegenden Klang offenzulegen, der den Herzen der fünf Musikern innewohnt.

Bandfoto Mintzkov

Mintzkov

Nachwuchs der Belgischen Götter

Schon der Titelsong, der das Album eröffnet, wirkt anfänglich recht unaufdringlich und unaufgeregt, entwickelt sich jedoch trotz dreieinhalbminütigem Popformat zu einem dichten, klug durchdachten Indiepopstück, das mit handclaps, eingängiger Hookline und noisigem Schluss zu überzeugen weiß. Hört man die Stimme von Sänger und Gitarrist Philip Bosscharts, ist man sofort an dEUS-Mastermind Tom Barman erinnert. Nicht nur das gleiche Timbre schwingt in den Mintzkov-Songs mit, auch der gesangstechnische Ausdruck bei dem breiten und sich wundervoll in die Höhe schraubenden Refrain bei "Author Of The Play" scheint von der "Barman-schen Harmoniefeder" gezeichnet zu sein.

Mintzkov sind jedoch weit mehr als nur die dEUS-Referenz. Mit "Open Fire" schafft der Belgische Fünfer einen extrem eingängigen Popsong, wobei "The Simple Future" wiederum mit seinem straighten, treibenden und harsch klingenden Beat verdächtig auf den Tanzboden schielt. Und das famose Akustikschlussstück "Gemini" zeigt die ruhige und gelassene Seite der Band, das damit behutsam und zugleich mutig in karger Reduziertheit das Knochengerüst ihres Sounds zum Vorschein kommen lässt. Wobei Mintzkov auch hier eine Überraschung parat haben. Es sei nur soviel verraten, dass Bassistin Lies Lorquets Engelsstimme sich dazugesellt. Dass sie mit dem Mikrophon eine weitere, schöne Atmosphäre zum Bandsound hinzufügen kann, hat sie schon bei dem dEUS Stück "7 Days , 7 Weeks" bewiesen.

Das goldene Händchen am Mischpult

Klar, für manch einen wird es Zeit brauchen, um in die Welt von Mintzkov und "Rising Sun, Setting Sun" abzutauchen. Mich haben sie sofort am Haken gehabt mit ihren gut durchdachten Arrangements, der auf Platte sehr wirkungsvoll übertragenen Energie und der großartigen Produktion sowieso.

Mintzkov Plattencover "Rising Sun, Setting Sun"

Mintzkov

Mintzkov - "Rising Sun, Setting Sun" ist 2010 auf Haldern Pop Recordings erschienen.

Auch das kommt nicht von ungefähr, stand hinter den Reglern doch Produzent Jagz Kooner, der schon bei Größen wie Primal Scream, Kasabian oder Radio4 seine Goldhändchen im Spiel hatte. Ihm ist es auch zu verdanken, dass "Rising Sun, Setting Sun" nicht am Indieacker stecken bleibt, sondern einige gewitzte Tanzschritte unter der Discokugel vollführt. Vor allem das schon erwähnte "The Simple Future" besticht dabei durch einen groovigen 5/4 Takt, der tanzbarer nicht sein könnte. Aber auch der straighte, abgehackte Rockklassiker "Safe House" wird da mit kleinen produktionstechnischen Schmankerln verfeinert, sodass er sich von der üblichen Schrammelmasse abhebt.

Man darf also gespannt sein, wenn die Belgier ihre geballte Energie auf der Bühne freien Lauf lassen.