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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

19. 8. 2010 - 17:10

FM4 Draußen Sommerpanorama: Zu Gast in Tirol

Bouldern, das ist ein kraftstrotzender Balletttanz auf Felsen. Profi Katharina Saurwein nimmt uns zu ihrem momentanen Lieblingsspot mit.

Michael Fiedler Radio Fm4

Katharina Saurwein
Geburtsdatum: 11.11.1987
Momentaner Homespot: Breitlahner Alm, Zillertal
Beruf: Boulderin
katharina-saurwein.com

Bouldern ist der kleine Bruder des Sportkletterns, der deshalb leicht unterschätzt wird. Geklettert wird ohne Seil und Gurt in Routen bis in eine Höhe von vier, fünf Metern. Stürze werden in der Halle von dicken Turnmatten, draußen von Crashpads und Spottern abgefangen. Der Respekt vor der Höhe fällt weg, dafür können die Boulder umso schwerer werden. Ungefährlich ist das trotzdem nicht, weiß Katharina Saurwein aus eigener Erfahrung: "Ich bin letztes Jahr ein bissl blöd auf der Kante vom Crashpad gelandet und habe mir im Sprunggelenk Bänder gerissen und Knochen gestaucht." Die Heilung hat lange gedauert, in der heurigen Weltcupsaison hat sie aber wieder zwei Top-Ten-Platzierungen vorzuweisen.

Katharina Saurwein vor der Breitlahner Alm

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Kathaina Saurwein und ihr Crashpad.

Gemeinsam mit ihrem Freund Jorg Verhoeven und weiteren Kletterpartnern nimmt sie uns in eines der schönsten Kletter- und Bouldergebiete Österreichs mit: ins Tiroler Zillertal rund um Mayrhofen. Von der kleinen, touristisch hyperaktiven Ortschaft geht es eine schmale Straße samt einspurigem Tunnel mit der Anmutung eines Bergwerkstollens hinauf in den Naturpark Zillertaler Alpen. Wir fahren am bekannten Klettergebiet "Ewige Jagdgründe" vorbei, zwei mächtige Blöcke namens Wig und Wam, die sich neben einem Bach aus einer Kuhweide erheben, und parken beim, äh, urösterreichischen Touristengasthof Breitlahner.

Kitsch pur: Das Alpengasthaus Breitlahner

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Die Vorlage für so manche Kuckucksuhr. Drin hängt bestimmt auch eine.
Im Zauberwald

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Von dort geht es einen Schotterweg an einer der schwersten Kletterrouten des Zillertals, Dolby Surround, vorbei und wir biegen auf einen Pfad in den Wald ein. Und was für ein Wald! Der Boden federt unter den Schritten, die man ob der vielen Wurzeln und Löcher vorsichtig setzen sollte; umgestürzte Bäume und Steine jeglicher Größe wetteifern im Kreuz-und-quer-Liegen wie im Sich-von-Moos-bewachsen-Lassen; dazwischen stehen volle Heidelbeersträucher und erinnern an Kindheitswarnungen vor dem Fuchsbandwurm. Gleich müssen Hänsel und Gretel zwischen den Stämmen auftauchen.

Stattdessen erreichen wir "El Gauhara". Ein mächtiger Block, der einen fast waagrechten Überhang aus dem Hang spannt. Es soll ein paar Meter weit die Kante entlang gebouldert werden, ehe man von zwei wirklich miesen Griffen aus einen Sprung an die Oberkante wagen muss. Das ist Katharinas "Projekt", ein Boulder, der etwas außerhalb ihrer Fähigkeiten liegt und an dessen Durchstieg sie gerade arbeitet. "Allez!" lautet der internationale Anfeuerungsruf dieses stark von Frankreich beeinflussten Sports, "Geht scho!" die hiesige Variante. Unter diesen Rufen probiert Katharina die einzelnen Züge. Der Durchstieg gelingt ihr aber noch nicht.

Katharina Saurwein in ihrem Projekt - der Boulder El Gauhara

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Volle Konzentration vor dem Sprung.

Wenn sich eine der besten Boulderinnen Österreichs und der Welt die Linie hart erarbeiten muss, grenzt es an Arroganz, ja Blasphemie, als Hobbykletterer die unwürdigen Hände an diesen Felsen zu legen. Aber hey, ich bin schon mal da und beim Zuschauen wirkt zumindest der Beginn gar nicht so furchtbar.

Weit gefehlt: Die Füße rutschen immer wieder aus dem trittlosen Überhang. Die Finger beschweren sich über das Körpergewicht, das nur über ihre Spitzen an der schmalen, scharfkantigen Leiste hängen muss. Und als sich meine Ferse zuerst nur unwillig auf Hüfthöhe begibt und dann nicht dort halten will, wo sie müsste, gebe ich auf.

Katharina Saurwein an der Schlüsselstelle von El Gauhara.

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Ich habe wirklich keine Ahnung, wie sich Katharina hier festhält.
blue tomato

blue tomato

Bouldern lernt man wie klettern am besten erstmal in der Halle. Denn beim Bouldern kommt man mit Kraft alleine nicht weiter: Die richtige Technik, Körperspannung, ein geübter Gleichgewichtssinn, purer Willen und eine dicke Hornhaut an den Fingern müssen hart erarbeitet werden. Kurse gibt es in den meisten Kletter- und Boulderhallen, zum Beispiel beim Alpenverein, den Naturfreunden oder den zahlreichen privaten Hallen. Wenn man dann schon ein bisschen was drauf hat, zieht es die meisten ohnehin ins Freie. Auch Profisportlerin Katharina Saurwein wäre die Halle alleine zu wenig: "Die Wettkämpfe sind schon total lässig. Die vielen Leute und immer wieder trifft man sich und hat Spaß. Aber Felsen ist einfach noch einmal ein Stück besser." Word.

Die Breitlahneralm

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Da hinten in dem Hochwald liegt der Stein.