Erstellt am: 19. 4. 2010 - 15:22 Uhr
More Hits from the Bong
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als 1991 bei "Yo MTV Raps" zum ersten Mal das Video zu "Hand on the Pump" lief:

Cypress Hill
Drei Typen mit tief ins Gesicht gezogenen Sonnenhüten, ein heruntergekommenes Industrie-Areal, dazu das von DJ Muggs produzierte Instrumental, das auf einem Sample des Songs "Duke of Earl" von Gene Chandler basiert.
So simpel und unspektakulär das Video rückblickend gesehen war, die Faszination, die von dieser neuen Gruppe ausging, war enorm: Noch nie hatte sich Westcoast-Rap so angehört. B-Real, Sen Dog und DJ Muggs repräsentierten die Latino-Community von Los Angeles. Rap mit spanischen Wortfetzen gespickt, das hatte man davor noch nicht oft gehört.
Ihr Debut-Album, zwei Mal mit Platin ausgezeichnet, wurde ein Riesenerfolg. Der Nachfolger "Black Sunday" sogar noch größer. Auf Songs wie "Insane in the brain" oder "I wanna get high" konnten sich irgendwie alle einigen. Ob Jugendzentrums-Punk, Rap-Purist oder Skater: Cypress Hill fanden alle gut. Spätestens durch ihre Kollabo mit Pearl Jam (für den bahnbrechenden "Judgment Night"-Sampler) war die Rap-Rock-Melange perfekt gelungen und der Grundstein für einen Sound gelegt, der später unter dem hässlichen Deckmantel "Crossover" ein paar ganz schlimme Bands hervorgebracht hat.

Cypress Hill
Stoned is the way of the walk
Fast Forward: Es folgten ein paar Alben, die durchaus erfolgreich waren, diverse Hits wie "Tequilla Sunrise", "Dr. Greenthumb" oder "Rock Superstar" enthielten und die der Band einen soliden Status und viele Festival-Bookings einbrachten. Irgendwo auf dem langen Weg, ging aber etwas verloren. Etwas, das mit der Soundästhetik der Band zu tun hat. Die düsteren und dreckigen, von DJ Muggs in Szene gesetzten, teils psychedelischen Instrumentals, wurden immer klarer und sauberer, Gitarren-Riffs häufiger, die Lyrics beliebiger, die Verkaufszahlen ab dem Jahr 2000 weniger. Einige der wenigen Konstanten: ihr Lobgesang auf das heilige Kraut.
Um künstlerisch andere Wege gehen zu können, haben alle Cypress Hill-Mitglieder im Laufe der Jahre Solo-Projekte verwirklicht. Trotz Trennungsgerüchten und einer sechsjährigen Pause sind sie jetzt als Team vereint zurück.
Rise Up
Das neue Album erscheint auf Priority Records, dessen Creative Chairman niemand geringerer als Snoop Dogg ist. Dass Cypress Hill "Rise Up" auf Priority veröffentlichen, war sein Wunsch.
Auffällig ist die für Cypress Hill untypische, lange Gästeliste: Tom Morello von Rage Against The Machine, Mike Shinoda von Linkin Park, Everlast, Alchemist, Evidence u.v.m. Fast jeder Track hat ein Feature. Das war nicht geplant, sondern hat sich so ergeben, wie B-Real im Telefon-Interview erzählt. Besonders stolz ist er auf die Kollabo mit den beiden kommerziell sehr erfolgreichen Künstlern Pitbull & Marc Anthony. "Armada Latina" könnte tatsächlich der Hit des Albums werden.

Cypress Hill
So wie sich die Gästeliste liest, klingt auch die Platte: Eingängige Rock-Rap-Songs, die problemlos bei amerikanischen Mainstream-Radio-Sendern laufen könnten. Daneben harte Rap-Tracks, die sicher nie im Radio gespielt werden. Ein paar neue Weed-Hymnen gibt es auch.
Cypress Hill sind motiviert. Sie möchten und werden dieses Jahr exzessiv touren. Dass sich die Rahmenbedingungen im Musikbusiness geändert haben, sehen sie entspannt. "I just love this game, that's why I am still in it", antwortet B-Real wie aus der Pistole geschossen, als ich ihn frage, was ihn nach fast 20 Jahren antreibt, weiterhin Rap-Musik zu machen. So simpel ist das.
Wie Cypress Hill ihr neues Album live umsetzen, kann man am 1. Juni 2010 bei ihrem Österreich-Gastspiel im Wiener Gasometer sehen.
Produziert wurde "Rise Up" neben DJ Muggs von B-Real, Tom Morello und Pete Rock, der für eines der Highlights der Platte ("Light it up") verantwortlich ist. Würden alle Tracks so klingen, könnte ich mehr damit anfangen. Die Mischung aus Rock und Rap erweist sich nicht immer als Vorteil, nur ganz wenige Künstler haben das in der Vergangenheit richtig gut hinbekommen (Run Dmc, Beastie Boys, Rick Rubin & Jay Z).