Erstellt am: 28. 3. 2010 - 14:39 Uhr
Heimspiel für Elektro-Punk-Lady und Crooner
Natürlich ging es zu guter Letzt dann doch nicht ohne Penis. Unschön und blutig erhob er sich meterhoch in Kreuzform auf der Bühne, natürlich ließ sich Peaches Christ Superstar daran hochziehen und kreuzigen, aber das war dann halt als Selbstzitat zu verstehen.
Eine relativ zahme, brave Peaches hatte man vorher erlebt, bei dieser Jesus Christ Superstar Aufführung im Berliner Hebbel Theater. Begleitet am Flügel vom langjährigen Weggefährten Gonzales, hatte sie das Musical als One–Woman–Show inszeniert.
Fast hätte die Premiere nie statt gefunden, die deutschen Rechteinhaber des Andrew-Lloyd Webber-Stücks hatten ihre Zustimmung verwehrt. Twitterseidank konnte aber die Schreckensnachricht „Peaches Christ Superstar crucified before Opening night“ in die Welt geschickt werden, ein Medienecho finden und die Rechteinhaber zur Einsicht bringen, allerdings nur in Deutschland, fürs Donaufestival in Krems wurde die Zustimmung bislang verweigert.
Es war ein Heimspiel für die Electro Punk Lady und den Crooner am Flügel, zwar lebt Gonzales seit Jahren in Paris und Peaches ist öfter auf Welttournee als in ihrer Berliner Wohnung, aber in den Neunzigern waren sie ein fester Bestandteil des Berliner Ausgehwesens. Und so saß man am Donnerstag Abend im Theater und freute sich für Peaches, die sie sich einen Mädchentraum erfüllt hatte, und nun vor großem Haus alle Rollen von Jesus zu Pontius Pilatus zu den Pharisäern über Judas zu Maria Magdalena und sämtlichen Jüngern sang, so wie sie als Teenager schon oft das ganze Musical alleine in ihrem Zimmer gesungen hatte.
Wer die Songs aber nicht auswendig konnte, der wusste manchmal nicht mehr so recht um was es ging. Soll das ein Duett sein? Steht Jesus grad vor dem Hohen Rat oder sitzt er beim Abendmahl? Umso mehr freute man sich an den bekannteren Songs, an dem euphorischen „Hosanna“ und dem immer wieder angekündigten Ohrwurm „Jesus Christ Superstar“.
In der Pause konnte man schön die kulturelle Überlegenheit einer katholischen Erziehung ausnutzen und die letzten sieben Tage Jesu vom Einzug nach Jerusalem an nacherzählen, was bei den anwesenden Atheisten und Heiden nicht nur einen starken Eindruck machte, sondern auch zu ihrem besseren Verständnis des Singspiels beitrug. Denn das 1973 in New York uraufgeführte Musical ist nun mal eine als Song-Zyklus gestaltete Passionsgeschichte.
Nur nach der Pause wurde es ein bisschen zäh .Gewiss waren die Stunden im Garten Gethsemane für Jesus voller Selbstzweifel, lang und quälend, aber muss man das Eins zu Eins umsetzen? Auch die langwierige Gerichtsverhandlung unter Pontius Pilatus wollte kein Ende nehmen. Aber als Peaches dann am Schluss so am Peniskreuz hing und ihre letzten Worte: "Lord forgive them, they don’t know what they are doing!" sprach und Gonzales zum Finale am Flügel anhob, da hatte man die beiden Ex-und Wieder-Berliner doch sehr ins Herz geschlossen und ging mit dem Gefühl, einen sehr gelungenen Premierenabend erlebt zu haben nach Hause.