Erstellt am: 21. 3. 2010 - 15:00 Uhr
Kabarett - Musterkritik
Wer kennt das nicht: Man hat nur noch wenige Stunden Zeit, um eine Kabarett-Kritik fertigzustellen, findet aber ums Verrecken keine passenden Formulierungen für die Beschreibung der Vorstellung. Diesem Malheur möchte ich nun endlich Abhilfe schaffen. Mit der ersten und einzigen KABARETT - MUSTERKRITIK hat das Grübeln endlich ein Ende. Sie müssen nur noch den Namen des Kabarettisten, den Titel des Programms und den Ort der Vorstellung ersetzen und haben einen fertigen Artikel. Bei einer abweichenden Zeichen-Vorgabe können Sie nach Belieben Sätze streichen oder zum kostenlosen Starterkit gebrauchsfertige Zusatzmodule anfordern. Im Falle einer weniger hymnischen Rezension können sie auch ein Negativ-Monatsabo ordern, bestehend aus je zehn voranzustellenden nicht und kein.
Premierenkritik Funzi Nagel – "Ausgeschieden"
In seinem neuen Programm ‚Ausgeschieden‘, das gestern im restlos ausverkauften Kabarett Niedermair Premiere hatte, holte der Querdenker Funzi Nagel zu einem gnadenlosen Rundumschlag aus. Gewohnt famos jonglierte der wortgewandte Brachialhumorist und scharfzüngige Anarcho-Satiriker zwischen schwarzem, abgründigen Humor an der Grenze des guten Geschmacks und nur knapp oberhalb der Gürtellinie, purem Nonsens und bitterböser Sozialkritik, die dem begeisterten Auditorium immer wieder einen Spiegel vorhielt. Da blieb dem einen oder anderen auch mal das Lachen im Halse stecken.

Schneiderbus
Mit einer messerscharfen Bestandsaufnahme des Zeitgeistes rechnete der Meister des Absurden geistreich und auf höchstem Niveau mit Politik und Wirtschaft ab und ließ seine respektlose Befindlichkeitsanalyse gegen Ende des ersten Teils mit satirischer Brillanz in einem wahren Pointenfeuerwerk gipfeln, das bis tief in die Untiefen der Republik vordrang und nicht für zarte Gemüter bestimmt war. Zur Pause waren sich die Premierengäste in ihrer Conclusio einig, dass, überspitzt formuliert, die Politiker das eigentliche Kabarett machen.
Im zweiten Teil konzentrierte sich der Zyniker Funzi Nagel dann auf den alltäglichen Wahnsinn und nur allzu Menschliches. Seine scharfzüngige Sozialkritik trieb er auf die Spitze, und seine Spitzen zog er mit virtuoser Leichtigkeit aus einem Nadelkissen der subtilen Provokation, mit dem er seinen mahnenden Zeigefinger ganz tief in beinahe jede unsere Republik derzeit plagende Wunde bohrte. Im letzten Drittel begeisterte der Niederösterreicher dann mit einer umgetextenen Bundeshymne. Mit scheinbarer Leichtigkeit skelettierte er hohle Begrifflichkeiten und entließ einen begeisterten Saal nach einem eher nachdenklichen Finale mit schmerzenden Zwerchfellen.