Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Cum on feel the noize"

Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

23. 1. 2010 - 01:24

Cum on feel the noize

Vermischte Neuigkeiten aus einem schrulligen Land, wo eine Frau wegen Orgasmusgeschreis vor Gericht kommt.

Kann sich noch wer da draußen an die Schokogeschichte von letzter Woche erinnern? Es hat sich wohl eh schon herumgesprochen: Die ganzen patriotischen Schnattereien der Cadbury-Chefs waren offenbar nur zum Hochreden der Verkaufssumme gedacht, Kraft Foods hat sein Angebot dementsprechend erhöht, und die englischen Schokoladedirektoren haben sich feine goldene Handshakes abgeholt.

Da die Übernahme seitens Kraft einiges an Pump erfordert, der auch erst finanziert werden muss, sprechen die neuen Herren der Marke bereits von Werkschließungen. Ich könnte jetzt die zugehörigen schwindelerregenden Milliardenbeträge raussuchen, aber was tut das schon zur Sache?

Schoko und Fußball auf Pump...

Im Endeffekt bleibt nicht viel mehr als die Einsicht, dass es eben Leute gibt, die die Nerven haben, für persönlichen Profit zynisch mit den nationalen Gefühlen ihrer Landsleute zu spielen, um sich dann ungeniert an die Yanks zu verkaufen.
Was an sich ja als nützliche Lektion für national gefühlige Typen zu begrüßen wär, wenn dabei nicht echte Arbeitsplätze draufgingen. Ganz zu schweigen vom Risiko für die historische Integrität der Kakaomasse.

Trotzdem schon immer ulkig mitanzusehen, wie schnell hierzulande in Geldangelegenheiten der Antiamerikanismus Mainstream werden kann, siehe auch die der Schokoladensaga gar nicht so unähnliche Entrüstung über die Gebrüder Glazer, die den Manchester United FC zum Spielball ihrer Hedge-Fonds-Spekulationen machten und sich jetzt nur mit einer 504 Millionen Pfund schweren Anleihe in letzer Sekunde Luft verschafft haben. 800 Millionen Pfund in den Miesen ist auch nicht ohne.

Aber die Leute sollen sich trösten, ich kann mich noch zu gut an das begeisterte Aktienkaufen unter den sich als potenzielle Magnaten wähnenden Fans damals beim Börsengang erinnern.

asoziale Orgasmen...

Arme Briten: Wenn es weder bei der Schokolade noch beim Fußball klappt, bleibt eigentlich nur mehr Sex als Zeitvertreib. Und falls diese Formulierung jetzt ganz tief nach Boulevard geklungen haben sollte, wird es bloß noch schlimmer.

Nämlich: Vor ein paar Wochen hatte ich mir verkniffen, über den Fall einer Frau zu schreiben, gegen die ein ASBO (kurz für Anti-Social Behaviour Order, so eine Art Verfügung wegen asozialen Benehmens) verhängt wurde, weil sie beim Orgasmus so viel Lärm machte, dass die Nachbarin nicht schlafen konnte und deshalb in der Arbeit hundemüde war.

Selbst nach Verhängung des ASBO wollte die 48-jährige Caroline Cartwright aus Washington, Wearside, des Nachts nicht ruhig sein, also wurde sie nun zu acht Wochen bedingter Haft bei zwölf Monaten amtlicher Supervision verurteilt.

Ich will jetzt wissen, wie das genau geht mit der behördlichen Überprüfung ihrer Straffälligkeit (Sagt man das so? Bin ja kein Jurist). Lauscht wer an der Tür? Sitzt ein Beamter mit Kopfhörern in einem vorm Haus geparkten fensterlosen Lieferwagen mit Richtmikro auf dem Dach?

...und Krieg

Tony Blair, der Mann, der den ASBO als ultimative Waffe des/der frustrierten NachbarIn hinter dem Spitzenvorhang erfunden hat, wird nächste Woche vor der Irak-Kriegs-Kommission aussagen müssen, in deren bisherigem Verlauf sein damaliger Beamtenapparat und ehemalige Regierungskollegen ihm ein dampfendes Jauchebad zum Reinhüpfen bereitet haben (er sicherte Bush schon 2002 bedingungslose militärische Unterstützung zu, manipulierte die öffentliche Meinung und den politischen Prozess wie ein Schokobaron - als hätten wir das nicht gemerkt).

Während des letzten Wahlkampfs zwei Jahre nach der Invasion gaben der potenzielle Kriegsverbrecher und seine Frau Cherie in einem Interview mit der Sun berüchtigerweise noch damit an, dass sie es bis zu fünf Mal pro Nacht trieben (ohne nähere Angaben, wie dabei eigentlich die Zählung funktioniert).

Aber leise, wie es sich gehört.