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Susi Ondrušová

Preview / Review

7. 12. 2009 - 12:03

Moneybrother's "Real Control"

Wie man Alben verschlafen kann und was das mit Tomatensuppe zu tun hat!

Sechs Jahre sind seit dem Erscheinen von "Blood Panic" vergangen. Lange Zeit, um mit einem Album durchzukommen. Natürlich war da Diskografie-technisch noch was dazwischen.

Blood Panic Moneybrother

moneybrother

Leider versagte das stilsichere Abspielgerät bei "To Die Alone" (2005) nach dem ersten Track "They're Building Walls Around Us", die Aufmerksamkeitsspanne war bei Erscheinen von "Mount Pleasure" auf Anderes konzentriert. Zu Unrecht natürlich, wie sich herausstellen sollte.
Aber versucht einmal ein Jahr lang Musik nach Ländern sortiert zu hören und es passiert auch euch, dass ihr nie und nimmer vor Weihnachten bis zu S wie Schweden vordringt. Es ist leicht aber nicht ratsam, ich entschuldige mich aber für nichts, Joanna (oder Judith?)!

Mit "Real Control" meldet sich Anders Wendin aka Moneybrother und seine Panthers zurück. Das neue Album vereint so ungefähr alles, was man sich von Anders Wendin, dem Soul-Rocker, erwarten kann. Der Hit ist auf die Opener-Position gesetzt. Mit "Born Under A Bad Sign" öffnet Moneybrother die Tür zum "Hangover"-Raum. Selten, aber doch, passiert es, dass Alben Spitznamen von Freunden der Band verpasst bekommen, bevor die Journaille noch einen Song hören kann. In Interviews erzählte Wendin mehr als nur einmal, dass das Album voller "exagarated feelings" sei. Man kenne sie ja: die Gefühle der Ehrlichkeit, die unter alkoholischer Verblendung gerne zu Tage kommen. Anders als die Handynachrichten um 3Uhr51 – jene voller Tippfehler, womöglich aus dem Nachtbus verschickt, kurz nachdem man sich doch nicht getraut hat, einen halben Meter näher zu rücken beim Abschied – also anders als diese SMS ist das Album hauptsache nicht peinlich.

real control moneybrother

moneybrother

"Real Control" bezeichnet schon die Arbeitsweise des Moneybrother – kontrolliert, eine Vision, drei Umsetzungen in dem Fall. Für das aktuelle Album waren drei Produzenten am Werk, ein gewisser Christoffer Roth zu dem ich mittels Linernotes keinen Bezug herstellen kann, Mr. Yttling besser bekannt als Björn aus Peter, Björn&John und Jari Haapalainen, der mit Ed Harcourt an "The Beautiful Lie" rumproduziert hat und in Sachen Soulpop oder Streicherakkustiken mit Camera Obscura schon seine Erfahrungen verbreitet bzw. gesammelt hat. Die zwölf Songs wurden durch drei geteilt und die erwählten Produzenten haben aus dem Track-Kontext heraus ihre (technische) Arbeit verrichtet. Die Genre-Übergreifungen sind diesmal also auch aus dieser Herangehensweise entstanden. Anders kann man sich nicht erklären, dass nach dem Song "Never Ever I've Been Kissed" (der klingt, als ob abwechselnd Johnny Cash und Elvis Presley mit einer Disco-Orgel fremdgingen!) ein Clash-inspirierter Song alias "Just Another Part Of Me That Breaks Down" folgt. Mit dem Falsetto-Pensionisten-Hymne "Not That Old" (inklusive Klavier-Lichttschwerter-Effekte bei dem man den jedi-Dancefloor vor dem geistigen Auge förmlich aufflackern sieht) ist die anfänglich vermutete Zerstreutheit von "Real Control" als kleiner Geniestreich entlarvt. Was muss ein Pop-Album mehr sein, als eine moderner Zauberwürfel?

Moneybrother
11.12. @ Weekender Club Innsbruck
12.12. @ Kino Ebensee
13.12 @ WUK Wien

Moneybrother

Jakob Kaae/ Jan Nordberg

Einzig "Showdown" könnte auch eine gewitzte U2-Tributnummer sein. Aber jetzt wo ichs schwarz auf weiß sehe, tut es mir schon wieder leid, denn der Chor setzt für einen kurzen Moment ein ("Did you sense the troubles?") - und die Stärke von Moneybrother als wahlweise Live oder Studio-Band war schon immer der aus dem Hintergrund einsetzende Männerchor. So und was hat das nun alles mit Tomatensuppe zu tun?

Anders Wendin hat den "Real Control" Release in Schweden mit einer Marketing-Aktion eingeläutet.

Moneybrother Suppe

moneybrother soup

Laut eigenen Aussagen, um bei Interviews lästigen "socialite"-Fragen aus dem Weg zu gehen und auf was Wichtigeres umzulenken: Eine eigene Bio-Suppe der Marke Moneybrother wurde ins Leben gerufen. Als Warhol-Zitat natürlich eine witzige Idee. Ob diese Suppendosen sold-out-mäßig schon ihr neues Haltbarkeitsleben auf einer Auktionsplattform im Internet begonnen haben, oder einen fixen Platz im Moneybrother-Tourbus ergattern konnten, sollte sich bis Redaktionsschluss (also bis jetzt) nicht in Erfahrung bringen lassen.
Wir werden das alles sehen und vor allem hören. Bis dahin: Mahlzeit.