Erstellt am: 6. 12. 2009 - 12:51 Uhr
Ein E für ein U
Die FM4 Soundparknacht mit Pendler, einer Depeche Mode Coverversionen Akustiksession, Bernhard Fleischmanns 90er Mix und Velojet.
Es ist schon seltsam. Früher habe ich die krude Distinktion von E- und U-Musik als etwas Selbstverständliches hingenommen. Doch in den letzten Jahren haben ich begonnen, diese eigentlich noch immer tief in der österreichischen Seele verankerte Unterscheidung zwischen Hoch- und Tief..., Verzeihung Subkultur, ernsthaft zu hinterfragen. Zumal ja auch im Sektor der alternativen Indiemusik die Grenzen immer mehr verschwommen sind. Da wird zum Beispiel sehr gewitzt und gekonnt mit Klassik auf dem Tanzboden "herumgealbert" oder aber Kunst und Pop grandios miteinander verschränkt, wie es beispielsweise  wolfgang thaler_body_small.jpg)
Wolfgang Thaler
Ein Projekt, in dem so ziemlich alle künstlerischen und populären Grenzen nieder gerissen werden, nennt sich Pendler. Gegründet wurde es von Programmierer, Video-Künstler und Gustav-Gitarrist Oliver Stotz, Sängerin, Performerin und Videokünstlerin Sabine Marte und Musiker Markus Marte und benannt nach dem Umstand, dass die drei für ihre regelmäßigen Treffen immer ein Transportmittel besteigen mussten. Dass trotz räumlicher Trennung dieser musikalisch-künstlerische Ideenpool überleben konnte, liegt daran, dass sich Sabine, Markus und Oliver mit ihren Tracks viel Zeit lassen. So hat es auch einige Klausuren, wie es die Band selbst nennt gebraucht, bis das zweite Werk "We Went From Destruction" fertig war.

Pendler
Pendler bestechen mit ihrem Projekt auf vielen Ebenen. Da wäre einmal die musikalische: durch clever und gezielt eingesetzte Reduktion kreiert der Dreier eine unglaubliche Spannung und gleichzeitig einen magischen Sog, der einen in das detailverliebte Klanguniversum von Samples, Feldaufnahmen und digitalen Beats sofort hineinzieht. Wenn einmal klassische Instrumente wie Gitarre auftauchen, dann werden sie oft verfremdet oder, wie die Blechblasinstrumente im Fall der grenzgenialen Nummer "Black Neoprene", bewusst als dramaturgische Übersteigerung eingesetzt. Der Text zu diesem folkigen Song stammt übrigens von einer Freundin der Band, Gerda Klingenböck, die nach einer längeren Beziehung richtig Schiffbruch erlitten hat und das unverblümt in recht epischen Analogien mitteilt. Passend dazu arrangierten Pendler das wohl zugänglichste Stück der Platte, das einen traurigen und zugleich hoffnungsvollen Unterton anklingen lässt.
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Wolfgang Thaler
Wieder eine andere Ebene, durch die Pendler vor allem konzeptuell überzeugen, ist vielleicht auch die wichtigste. Nämlich das filmische Element. Denn Pendler sind keine 08/15-Band, die in feuchten, muffigen Probekellern herumjammen, sondern bei der kleine Samples, Textfetzen oder auch kunstvolle Videoarbeiten als Inspiration für Tracks dienen können. So entwickeln sich manche Nummern erst von einer Videoumsetzung zu einem Albumstück, wobei auch gleich eine oft komplexere Metaebene mittransportiert wird. "One Step Away" geht von einer Videoarbeit aus und spielt mit der Idee, wie es wäre, einen Schritt hinein in einen Horrorfilm zu machen. Jedoch nicht wegen des Adrenalins oder der begehrten Gänsehaut, sondern um sich, wie Sabine es ausdrückt, "dem eigenen Desaster zu stellen". Denn Horrorfilme spiegeln gesellschaftlich konstruierte Ängste wider, die in jedem von uns schlummern.
Eigentlich ließe sich zu so ziemlich jeder Nummer von "We Went From Destruction" eine kleine, wissenschaftliche Abhandlung schreiben. Zugleich schaffen es Pendler, mit ihrer Musik schlicht und unmittelbar zu berühren. Sabine Marte und Oliver Stotz werden uns in einer Listening Session durch ihr komplexes Universum führen.
Being Depeche Mode
Es gibt viele österreichische Musiker, die Depeche Mode als einen ihrer Einflüsse nennen und zu ihren Pophelden zählen. Deshalb wurde vergangenen Mittwoch im Wiener fluc zu einer Depeche Mode Gala geladen, bei der - anlässlich des Depeche Mode Österreichkonzerts - vierzehn KünsterlInnen der Band rund um Dave Gahan Tribut zollten. Die Liste der Interpreten reichte von Tiefseetaucher über die Laokoongruppe und Sir Tralala bis zum Quellenchor.

Susi Ondrusova
Der Quellenchor im FM4 Studio. Hier werden gleich drei Neuinterpretationen von Depeche Mode Hits eingesungen.
Einige der MusikerInnen haben sich im Vorfeld auch bei FM4 eingefunden, um ihre persönlichen Interpretationen der Depeche Mode Stücke zum Besten zu geben. Aufgenommen von unserem erfahrenen Session Recorder und Producer Rudi Ortner entstand so eine breit gefächerte und sehr abwechslungsreiche Akustik Session, die es hier im FM4 Soundpark zum Nachhören gibt. Da steht neben der rockigen Version von Tiefseetaucher ein zerbrechliches und schönes Cover von Mika Vember, während sich 
Susi Ondrusova
Exaltierte Pose, große geste und charmante Coverversion von "Dream On".
Vor rund zwanzig Jahren, als wir von MySpace, Youtube und diverse Blogs noch nicht mit den neuesten, unbekannten Hypebands überflutet wurden, war der Gang zum DJ nicht ungewöhnlich, wenn in einem Club oder in einer Bar eine gute und dem Hörer noch nicht bekannte Nummer aufgelegt wurde. Auf die Frage, was denn da gerade am Plattenteller rotiere, kam dann wie aus der Pistole geschossen ein schwärmerischer Monolog über den Interpreten, der meist jenseits vom kleinen Kanal oder großen Teich stammte. Doch wer aufgeschlossen für schrägere, ungewöhnlichere und manchmal auch rauere Klänge war, der staunte dann oft nicht schlecht, als er mit der Empfehlung des Vinyldrehers am nächsten Tag im Plattenladen seines Vertrauens plötzlich ein Werk aus Österreich in der Hand hielt.