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Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

22. 11. 2009 - 22:49

Rompuypumpy

Die Arroganz eines ehemaligen Weltreichs, aus der Nähe gesehen.

Ich sollte eigentlich schon daran gewöhnt sein, aber man kann seine Konditionierung aus der Kindheit nicht so einfach ablegen. Ich komme aus einem kleinen Land, wo man die echte Welt irgendwo jenseits der Grenzen vermutet. Wo alles nicht so richtig zählt und man sich über dem Hochnebel eine Käseglocke dazu denkt, an der ein jeder über das Weltenrund gewehter Shitstorm schon irgendwie hängenbleiben wird. Sicher, es wird schattiger sein, aber das Hemd bleibt sauber.

Die Kehrseite dieses österreichischen Sicherheitsgefühls ist, dass umgekehrt jede andersartige neue Idee erst wirklich was gilt, wenn sie einmal von der echten Welt da draußen approbiert wurde. Aber wem erzähl ich das. Weiß man ja (und bleibt trotzdem so).

The bigger the banana

Was ich vor meiner Eingewöhnung ins Englische nicht zu schätzen wusste, ist andererseits der nützliche Nebeneffekt dieser Einstellung als eingebaute Hybris-Bremse.

Siehe zum Beispiel die Sache mit der EU-Ratspräsidentschaft. Schon möglich, dass dieser Van Rompuy das Rennen gemacht hat, weil er, wie man hier gern salopp sagt, aus einem Land kommt „that doesn't matter“. Oder dass seine vielzitierten Haikus nicht ganz so gut wie die von Syd Barrett sind.

Irre lustig auch, dass man zu ihm zum Beispiel „Rompuypumpy“* sagen kann. Da lässt sich die Boarding School-Vergangenheit der britischen Journalistenelite erahnen, wenn man sie gackern hört: Haha, der new boy heißt Rompuypumpy und er ist auch noch ein foreigner. Ins Klo mit seinem Kopf und die Spülung ziehen. Was ein Spaß.

Ich weiß auch, dass die kleineren Mitschüler, die sonst selber heulend mit nassen Haaren aus dem Klo gekrochen kommen, in so einem Fall gern schallend mitlachen, ich lese schließlich auch die österreichischen Medien.

the bigger the booboo

Bloß dass sich diese Veräppelungen noch deutlich unangenehmer anfühlen, wenn man in einem Land sitzt, das sich in sentimentaler Erinnerung an die Bürde seiner alten Kolonialmacht selbst als zur Ausübung führender Ämter erkoren erachtet.

Das sich einerseits vom europäischen Superstaat verfolgt sieht und andererseits die Big Banana spielen will, wenn es um die Repräsentierung jener orwellianischen Nachtmahr auf der "world stage" geht.

Diese Weltbühne ist nämlich eine naturgemäß angelsächsische ohne Untertitel, wobei es die AngelsächsInnen schon auch sorgen muss, ob die Chinesen, die man jetzt immer höflich mitzählt, sich mit einem Belgier zufrieden geben werden.

Aber irgendwas sagt mir, dass ich genau dasselbe hier schon einmal geschrieben hab, das muss ungefähr vor sieben Jahren gewesen sein, als Tony Blair sich zum Irakkrieg aufgemacht hat.

Wie man jetzt überall lesen konnte, wollte Blair eh gar nicht wirklich Ratspräsident werden, als er erfahren hat, dass man da sein Leadership gar nicht so sehr raushängen lassen kann. Im Nachhinein die Welt wissen lassen, dass man eh nicht gewinnen wollte, ist zwar schon auch eher peinlich, aber Blairs vergebungswürdigster Lapsus.

Weit größere Booboos* * begeht er erfahrungsgemäß, wenn er die Rolle, die er begehrt, auch wirklich spielen darf. Wie wir uns diese Woche ab Dienstag wieder ins Gedächtnis rufen werden dürfen, wenn im neuen Iraq War Inquiry die Fahrlässigkeit der damaligen Kriegsvorbereitungen und die mutwillige Täuschung der Öffentlichkeit enthüllt werden sollte (eine Vorschau im Guardian).

Wie wäre das wohl gekommen, wenn sie ihn doch als EU-Ratspräsidenten genommen hätten? Womöglich als potenzieller Kriegsverbrecher?

Nicht so gut.

Einstweilen hab ich mir sagen lassen, dass in den Charts (sowas gibt’s noch) ein Trio diensthabender Soldaten namens The Soldiers mit den Coldstream Guards, einem Vera Lynn-Remix und noch einer anderen Militär-Charity-Sause um die Weihnachts-Nummer-Eins konkurrieren wird.

Grimmig.

Bild der Soldatenband The Soldiers

Robert Rotifer

I'm not making this up

Nützliche Wörter, die man nicht im Englischunterricht lernt:
ad *) Rumpy pumpy = Geschlechtsverkehr
ad * *) Booboo = grobe Fehlleistung