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David Pfister

Rasierklingen, Schokolade, Zentralnervensystem, Ananas, Narzissmus und Ausgehen.

15. 10. 2009 - 14:00

Between My Head And The Sky

Die 76-jährige Avantgarde-Grand Dame reformiert die Plastic Ono Band und hat ein neues, zeitloses und sehr gutes Album fertig.

Mal wieder regieren sie alle Printmedien rund um den Erdball. Von der Spatzenpost bis zur ORF-Nachlese. Die Beatles sind wieder in aller Munde. Grund dafür ist der Umstand, dass die Nachlassverwalter der Beatles nach jahrzehntelangem Warten endlich anständig remasterde Versionen aller regulären Studioalben als CDs veröffentlicht haben.

Beatles

Apple

Die bisher auf CD erhältlichen Beatlesplatten waren nämlich nur relativ mangelhaft für die Audio-CD adaptiert worden. Die neuen Versionen sind jetzt wieder dicht am Original der Mastertapes dran plus einem zeitgemäßen Feinschliff.

Das Klima ist also wieder mal ganz günstig für Yoko Ono, die mit Courtney Love berühmteste Witwe der Welt.

Why death? Why life? Warm hearts? Cold darts?

1969 veröffentliche John Lennon seinen ersten Solosong "Give Peace A Chance", eingespielt von der Plastic Ono Band, bei der schillernde Persönlichkeiten wie Drogenpapst Timothy Leary oder eben Yoko Ono mitmischten. Die wurde noch im selben Jahr die neue Ehefrau des frisch geschiedenen John Lennon. Und gar keine Frage, Yoko Ono hat die Beatles, hat John Lennon, hat das musikalische Schaffen der Beatles und das John Lennons maßgeblich beeinflusst. Schuld am Ende der Beatles war sie mit Sicherheit nur sehr sehr am Rande. Und das soll jetzt auch mal keine Rolle mehr spielen. Yoko Ono hat 76jährig soeben ein neues Studioalbum veröffentlicht. Schalten wir John Lennon mal kurz auf Stand By und konzentrieren wir uns nur auf die Yoko Ono.

Just one kiss will do

Yoko Ono wird 1933 als Tochter wohlhabender Eltern in Tokio geboren. Bis auf eine kurze Zeit während des Krieges, wachsen die beiden Kinder des Ehepaars Ono – Yoko und Isoko unter luxuriösen Bedingungen auf. Yoko Ono besucht eine traditionelle japanische Musikschule und beginnt Philosophie und Komposition zu studieren.

1956 heiratet Yoko Ono den japanischen Komponisten Toshi Ichiyanagi. Und das ist äußerst interessant und für die kommende Zukunft wichtig. Ichiyanagi studierte wiederum beim amerikanischen Komponisten und Happeningkünstler John Cage.

Yoko

Yoko Ono

Toshi Ichiyanagi und Yoko Ono ziehen nach New York und werden schnell ein angesagtes Avantgarde-Pop-Paar in der New Yorker Kunstszene. Später werden beide zu den Mitbegründern der Aktionskunst "Fluxus" gezählt werden. Während ihr Ehemann seinem Idol John Cage nacheifert, beschreitet Yoko Ono einen Weg als Konzeptkünstlerin.

1962 lässt sich das japanische Ehepaar scheiden, Yoko Ono heiratet noch im selben Jahr den amerikanischen Filmproduzenten Anthony Cox. Ein Jahr später wird die gemeinsame Tochter Kyoko Chan Cox geboren. Und Yoko Ono führ ihre Kunst konsequent weiter wird 1966 nach London gerufen um ihre Konzeptarbeit "Cut Piece" aufzuführen. Beim Cut Piece-Happening darf das Publikum nach eigenem Ermessen Yoko Onos Kleidung, ihre Haare oder ihre Fingernägel abschneiden. Im Publikum: John Lennon.

Happy Birthday, War Is Over

Von 1966 bis 1980 erlebt Yoko Ono die meiste Zeit als Partnerin von John Lennon. Die Beatles trennen sich, das Paar Ono-Lennon trennt sich, kommt wieder zusammen. Der gemeinsame Sohn Sean wird geboren. Und die beiden scheinbar so unterschiedlichen Personen scheinen in permanenter gegenseitiger kreativer Befruchtung zu stehen.

1980 wird John Lennon ermordet, ein internationales Trauma. Yoko Ono macht kontinuierlich weiter. Konzentriert sich wieder vermehrt auf ihre Konzeptkunst, hört allerdings nicht auf zu musizieren. Und in musikalischer Hinsicht beschreitet sie weiterhin einen individuellen Weg. Yoko Ono kennt einfach wirklich keine kreativen Grenzen. Sie verschmelzt tabulos Genres die noch nie aneinander gerochen haben. Mischt Reggae mit Wave mit japanischer Tradition und dazu ihre rabenartige Stimme.

Yoko & John

Yoko Ono

Natürlich immer überschattet vom übermächtigen John Lennon. "Aber das sei okay" meint sie, "ohne John Lennon hätte sie ja auch nicht begonnen Rock'n'Roll zu machen," schreibt sie später. Und was das für ein Rock'n'Roll ist. Ein feministischer, sozialkritischer Rock'n'Roll. Und alle fragen nach unveröffentlichten Lennon-Songs und Yoko Ono marschiert gelassen weiter.

Walking On Thin Ice

Heute, 15.10.2009 kann man in der Homebase (19-22) hören, wie "Between My Head And The Sky" klingt

Für ihre neue Platte Between My Head And The Sky hat Yoko Ono die legendäre Plastic Ono Band wieder reaktiviert. Zumindest auf dem Papier, denn außer Yoko Ono ist keines der Originalmitglieder mehr dabei. Aber es soll wohl als Geste verstanden werden. Denn Yoko Ono lässt auf ihrem neuen Album eine Vielzahl experimentierfreudiger und vor allem an ihrem Alter gemessen junge Künstler und Künsterinnen mitarbeiten. Also die Plastic Ono Band 2.0 irgendwie. Sohn Sean Lennon ist wieder mal dabei, die kreative Traube um das japanische Girlpopprojekt Cibo Matto oder der japanische Remixer und Produzent Cornelius.

Yoko Ono

Yoko Ono

Diese Band versorgt Yoko Ono mit verspielten und phantasievollen Layouts zwischen meist trüb-grauer Elektronik, kratzigen Wave und vielen kleinen Melodien.

Und Yoko Ono singt wie das eben Yoko Ono tut. Und das klingt natürlich nostalgisch, weil Yoko Onos Stimme inzwischen ein eigenes Genre ist. Between My Head And The Sky ein sehr fein geschliffenes, subtiles und vor allem zeitloses Stück anspruchsvoller Popmusik. Und eben kein nervender Avantgardepop für Damien Hirst-Narren, sondern kluge kleine Kunstgriffe. Und allein für das kompromisslose Streben und Weiterführen ihrer Kunst, gebührt Yoko Ono großer Respekt.