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Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

24. 5. 2009 - 15:00

Airwaves Airways (Arbeitstitel)

Die Pilotserie (Kult!) - Terror oder Liebe? Und wann stirbt man spät genug?

Warum eigentlich Arztserien? Ein nicht besonders hübscher Interrogativsatz zum Einstieg, aber mal ehrlich, Hand auf's Herz und Füße vom Tisch: Warum eigentlich Arztserien? Es gibt welche, in denen die Protagonisten Unmögliches schaffen, andere wieder, in denen im Dienste des Unterhaltungswerts ungewandt agiert wird, in wieder anderen stehen die Fortpflanzungsscharmützel im Mittelpunkt.
Dieses ambivalente Image der Götter in weiß (André Heller?)! Sie sind in der breiten Bewertung Image-Zwitter - Gleichsam gierige, schamlose und gefühlskalte Marionetten der Pharmaindustie wie auch tolldreiste Waghälste mit heillosem Sexus.
Ja was denn jetzt?

Ärzte, Kriminalisten, Richter, Köche und Sportler - Diese Zünfte genießen durch die positiv karrikierte televisionäre Darstellung einen duften Leumund. Doch was ist mit Floristen? Gut, über den Pilotfilm würde eine Blumenhändler-Serie wohl kaum hinausgehen. Aber wie wäre es mit einer Pilotserie samt Pilotfilm?

Jack weiß, dass der alte Hugh nur besoffen fliegt und kann ihn in allerletzter Sekunde vor einem Absturz retten, was seine Karriere vorantreibt und ihm die Aufmerksamkeit des ebenfalls homosexuellen Stewards Stewart sichert, der aber in Wahrheit bi ist und die Langstreckenflüge nach Australien nur macht, um dort Kathie zu treffen, die im Tower von Melbourne mit Terroristen einen Anschlag plant, just an einem Flugzeug, in dem sich auch Steward befinden wird, und die Frage 'Liebe oder Karriere' bietet schon genug Stoff für die nächsten neun Staffeln meiner Pilotserie, die ich auf diesem Weg dem höchstbietenden amerikanischen Sender zu einem Freundschaftspreis anbieten möchte.

Walter Freiwald

@dpa

"Und was hat Walter Freiwald mit der ganzen Sache zu tun?" Sie fragen Sachen...

Außerdem hätten die Piloten in meiner Serie richtige Namen. Bin ich denn der einzige Mensch auf unserem schönen Erdenrund, das wir selbstverständlich nur von unseren Enkeln geleast haben, dem die Namen der Kapitäne immer etwas erfunden vorkommen?
"Ihr Kapitän Paul Müller begrüßt Sie an Board." Warum heißen die nie Hartwig Krautsieder oder Jiri Mijatovic? Decknamen wegen Angst vor Drohbriefen nach Turbulenzen?

Was mir für meine Serie noch fehlt, ist ein guter Titel. Wie wäre es mit "Airwaves Airways - Die Teufelskerle mit dem lecker Mundgeruch!". Nicht? Na gut, denken Sie sich doch was Besseres aus. Name hin oder her - Die Sache hat zweifelsohne Kultpotenzial.

"Fallen sie nicht in den Briefkasten und grüßen Sie die Hühner."
(Walter Freiwald vom RTL-Shop)

Was genau bedeutet eigentlich Kult? Vor nicht allzu vielen Jahren, als ich noch etwas halbfertig aussah, war ich sehr interessiert an Kultigem. Dabei handelte es sich um Kulturschaffende oder -produkte, die einem verhältnismäßig kleinen Kreis bekannt waren und - im lateinischen Wortsinn - in religionsähnlichen Ausmaßen verehrt und zelebriert wurden.
Der Mainstream schien ein natürlicher Widerspruch zu meinem Verständnis dieses Begriffs zu sein. Heute wird schon Mario Barth als Kult bezeichnet. Mal abgesehen davon, dass Sätze tendenziell übel sind, welche die Wörter 'heute' und 'schon' in Form von allgemeinem Tadel auf engstem Raum kombinieren ("Heute rennen die Jugendlichen ja schon mit blablabla herum") - Heißt das nun, dass der Mainstream nicht nur viel ehemals Kleines vereinnahmt und groß macht, sondern auch noch die allgemeinen Begriffe dafür klaut?
Ein Fragezeichen, das ungehört verhallt. Zurecht, denn es soll ja um meine tolle Flugshow gehen.

"Das Geld, das Sie hier sparen, können Sie gut auf Malle gebrauchen."
(Walter "Waldi" Freiwald)

Natürlich müsste so ungefähr in Folge 54 auch einmal eine 'Maschine' abstürzen. Platz für neue Hauptdarsteller, Rettung aus dem Quotentief, Sie wissen schon.
Hierbei kommt der Schirennläufer Benni Raich ins Spiel, der sich ja bekanntlich für die falsche Kollegin entschieden hat, er hätte Marlies Öster ehelichen sollen, dann hätten wir beim Doppelnamen Öster-Raich etwas zu kichern gehabt.
Wenn nun Benni Raich bei einem Flugzeugunglück verscheiden sollte (was wir ihm natürlich nicht wünschen laberlaber), wäre hinkünftig stets von der "viel zu früh von uns gegangenen" Schilegende die Rede. Sollte aber Johannes Heesters ("Ich werde hundert Jahre alt") eines Tages doch einmal endgültig einschlafen, würde wohl niemandem die Formulierung "viel zu früh" in den Sinn kommen. Es stellt sich die Frage, ob es eine gesetzlich festgeschriebene Altersgrenze gibt, ab der man nicht mehr "viel zu früh" gestorben ist. Kann man auch "ein bisschen, aber nicht viel zu früh" sterben?

Nicht gestorben ist für mich trotz aller möglichen Einwände meine Pilotserie und dieser Text endet hiermit auch nicht unbedingt viel zu früh.