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10. 2. 2009 - 19:42

"Es ist sehr viel Zufall im Spiel"

Eva Jantschitsch aka Gustav im Interview mit Esther Csapo über die Musikkrise, Selbstbestimmtheit und neue Songs.

Den Titel ihrer Platte "Verlass die Stadt" setzt Eva Jantschitsch jetzt in die Realität um: Bevor sich Gustav auf Österreich-Tour begibt, war sie zu Gast in Connected und hat sich mit Esther Csapo über die leidige Musik-Krise, das Leben als Indie-Paradebeispiel und neue Musik von Gustav unterhalten.

Musikerin Eva Jantschitsch

hoermanseder

Eva Jantschitsch aka Gustav

Du warst letztes Wochenende in Berlin bei einem Symposion zum Thema "Zukunft der Musik: Audio Poverty" worum es ist es da genau gegangen?

Einerseits gibt es die Musikgattung "Audio Poverty", da geht es darum, mit relativ minimalistischen Mitteln Musik zu machen und wie das den Sound definiert. Es gibt viele Avantgarde-Künstler, die sich in den 60er Jahren - ausgehend von Fluxus - damit auseinander gesetzt haben.

A weekend of Discussions and Lectures, Concerts and Parties, Performances and Experiments
audiopoverty.de

Andererseits ging es aber auch darum, wie es KünstlerInnen in dieser Umwälzungsphase der Digitalisierung ermöglicht werden kann, mit ihrer Musik zu überleben.

Ist die Musikindustrie in der Krise, bist du als Musikschaffende Teil der Krise?

Prinzipiell bin ich immer ein Teil der Krise - egal ob ich Musikerin bin oder nicht; aber ich denke, die, die am meisten Verluste haben, sind große Firmen, große Institutionen. Natürlich gibt es auch in Independent-Betrieben durch den Wegfall von Vertriebsstrukturen (EFA, Hausmusik in den letzten zwei Jahren) große finanzielle Gräben, die sich für Indie-Labels aufgetan haben. Gerade in Österreich ist es schwierig, mit einem österreichischen Produkt, das in Österreich erscheint, über die Grenzen raus zu strahlen.

Andererseits seh ich in Wien in den letzten zwei Jahren eine irrsinnig florierende Independent-Labelkultur wachsen; ich glaube, es ist immer eine Frage der Dimensionen. Dieses Armutsproblem ist auch systematisch bedingt, wie man jetzt in der letzten Untersuchung des Bundesministerium für Kunst nachlesen konnte, aber ich glaube nicht an den Untergang dieser Wirtschaft.

Es ist eine Frage der Dimensionen und Umstrukturierung und es bedarf wacher Geister, die diese Problematiken lösen.<<

Da sind Radiohead, die ihre Platte online verfügbar machen, Madonna, die mit Veranstaltern Millionendeals macht - aber das sind ja quasi die Dinosaurier der Popmusik. Wie kann eine Musikschaffende wie du im Hier und Jetzt mit Musik überleben. Was ist dein Weg?

Es ist schwierig von mir ein gültiges Konzept abzuleiten, aber letzten Endes glaube ich sehr stark an die Selbstbestimmung, dass man sich als Künstlerin - gerade in Zeiten wie diesen - in allen Entscheidungsfragen so wenig wie möglich beschneiden lässt. Man muss wachsam sein gegenüber Labels und Booking-Agenturen, die mittlerweile zu diesen 360-Grad-Verträgen tendieren, es geht da auch um Urheberrechte, die verlegt werden - am besten wär natürlich auch eine rege Kommunikation unter den KünstlerInnen, sodass man einfach ein bisschen besser begreift, wie die Strukturen sind und das erfasst man oft nicht allein, da braucht man Austausch.

Bist du es eigentlich leid, dass du so als Paradebeispiel hingestellt worden bist für den Weg, den man gehen kann: Die Musikerin, die von zuhause alles selbst macht, die Dinge in der Hand hat vom Artwork bis zum Booking?

Nein, ich seh mich tatsächlich als Kind meiner Zeit und den Weg, den ich beschreite, den beschreiten viele. Ich bin keine Exotin sondern eine unter vielen. Dadurch, dass ich immer über diesen emanzipativen, selbstbestimmten Ansatz Musik kommuniziert habe, ist das klar, dass das immer damit verbunden wird.

In Österreich raunzen Musiker gerne, dass es so schwierig ist aus Österreich rauszukommen, du beweist das Gegenteil, kommst grad aus Deutschland, spielst demnächst in Frankreich...

Das ergibt sich oft aus Zufällen, manchmal stoßen VeranstalterInnen auf die Musik und buchen dich, es ist immer sehr viel Zufall im Spiel. Es gibt ja auch Leute wie Lonely Drifter Karen, die quasi nur in den großartigsten Ländern der Welt unterwegs ist.

Du spielst jetzt mit Band, macht es Spaß mit mehreren Leuten auf der Bühne?

Sehr. Du kannst als Band viel dynamischer arbeiten, ausufernder werden und auch leiser werden, von den Stimmungen her und improvisieren, was bei einem Sologig. der läuft formal strenger ab und erfordert eine andere Konzentration - vom Punlikum und auch von mir. Ich nutze beide Systeme sehr gerne, ich finde beides sehr spannend.

Stellt ihr euch auf verschiedene Locations unterschiedlich ein, schaut ein Set für die Mehrzweckhalle anders als aus für die Arge Nonntal zB?

Ja, das bestimmt man meistens vor Ort, wir haben mittlerweile ein so breites Programm, dass wir durchaus die Lieder shiften können oder ein paar Lieder nicht spielen, dafür aber ein paar analoge Nummern zusätzlich dann reinquetschen.

"Verlass die Stadt" ist ja schon fast ein Jahr alt, hast du schon neue Songs geschrieben, die ihr schon anspielt?

Definitiv. Ich hab einen neuen Hit - naja, Hit ist übertrieben - der heißt "Menschen in der Postmoderne", ich bin ziemlich überzeugt von der Nummer... Es gibt zwei,drei neue Nummern in Programm. Vor ein paar Tagen haben wir in Berlin eine neue Version von "We shall overcome" gespielt, mehr in Richtung House, ich hätte selbst nicht gedacht, dass gelingt, aber hat funktioniert. Es gibt durchaus verschieden Abweichungen vom normalen Programm, die ich auf der Bühne sehr genieße.

Gustav auf Tour

  • 11. Februar 2009: Gustav & Band + Mord + Felix Kubin, Hafenhalle 9, Linz
  • 12. Februar 2009: Spielboden, Dornbirn
  • 13. Februar 2009: Festhalle Mauterndorf
  • 14. Februar 2009: Hotel Lambrechterhof, St. Lambrecht (Stmk)
  • 16. Februar 2009: ARGEkultur Gelände, Salzburg